Montag, 12. September 2005

Feuer auf Caspers-Merk

Jenseits von Logik und Vernunft

Unter den Bergen mit mehr als 8.000 Meter Höhe gilt der K2 im Nordosten von Kashmir als einer der gefährlichsten. 13 Prozent aller Bergsteiger, die den Gipfel erreichten, kamen beim Abstieg ums Leben. Auch der Annapurna nordwestlich von Kathmandu gilt als sehr gefährlich. Die Zahl der Bergsteiger, die den Gipfel erreichten, ist nicht einmal doppelt so groß wie die Zahl derjenigen, die beim Versuch, den Gipfel zu erreichen oder beim Abstieg ums Leben kamen. Sieben Prozent der Gipfelstürmer kamen beim Abstieg vom Annapurna ums Leben. Den höchsten Berg der Welt, den Mount Everest, haben bisher etwa 1.200 Menschen aus 61 Ländern bestiegen. Drei Prozent davon sind beim Abstieg umgekommen. Insgesamt sind über 180 Bergsteiger am Mount Everest beim Klettern ums Leben gekommen. Im Vergleich dazu ist das Erklimmen einer Sanddüne auf einer Nordseeinsel ungefährlich. Es gibt keine Berichte von Todesfällen im Zusammenhang mit dem Besteigen von diesen Dünen. Es ist also weniger riskant, eine Sanddüne auf einer Nordseeinsel zu besteigen als einen 8.000 Meter hohen Berg in Nepal. Logisch, oder?

Jährlich sterben in Deutschland Zehntausende an den Folgen des Konsums von Alkohol. Aufgrund des Konsums von Cannabis sind bislang in der medizinischen Literatur keine Todesfälle beschrieben worden. Demzufolge ist Alkohol gefährlicher als Cannabis. Die logische Konsequenz ist, dass der Konsum von Cannabis weniger riskant ist als der Konsum von Alkohol. Logisch, oder?

Die Drogenbeauftragte Marion Caspers-Merk sagt jedoch: „Wir müssen von den Legenden wegkommen, dass Cannabis nicht abhängig macht und weniger riskant ist als Alkohol.“ Diese Aussage ist weder logisch noch vernünftig, denn Fakt ist, dass beim Cannabis-Rausch im Gegensatz zum Alkohol-Rausch keine Gleichgewichtsstörungen auftreten, dass keine Gehirnzellen absterben, dass es keinen Filmriss und auch keinen „Kater“ gibt und dass Cannabis-Konsum im Gegensatz zum Alkohol-Konsum keine körperliche Abhängigkeit bewirkt und in der Folge auch keine Todesfälle zu beklagen sind. Deshalb ist der Cannabis-Konsum weniger riskant als der Alkohol-Konsum. Logisch, oder?

Risikodebatte

Die Drogenbeauftragte Caspers-Merk sagt: „Wir brauchen eine offene Risikodebatte, in der der Cannabis-Konsum nicht dramatisiert, aber auch nicht verharmlost werden darf.“ Doch Caspers-Merk macht genau das, was man nach ihrer Meinung nicht darf, sie dramatisiert den Cannabis-Konsum respektive verharmlost sie den Alkohol-Konsum. Da leisten andere weit differenziertere Beiträge zur Risikodebatte wie beispielsweise die Internationale Neuropsychologische Gesellschaft, die zum Thema folgendes Statement veröffentlichte: „Auch längerer Konsum von Marihuana ruft laut einer US-Studie keine bleibenden Hirnschäden hervor. Es sei neurologisch weniger gefährlich als etwa Alkohol, so der amerikanische Forscher Igor Grant von der Universität von Kalifornien in San Diego. Die Forscher fanden in einer Neuauswertung von 15 Studien mit insgesamt 1.188 Teilnehmern nur marginale Auswirkungen von Marihuana auf Gedächtnis und Lernvermögen.“ In der Fachzeitschrift heißt es weiter, dass andere Hirnfunktionen wie die Reaktionszeit, Aufmerksamkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, motorische Geschicklichkeit, Sprache und logische Argumentation durch längeren Konsum von Marihuana überhaupt nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Andere Drogen wie Alkohol schaden dem Hirn weitaus mehr, merkte Grant dazu an.

Caspers-Merk lässt sich überhaupt nicht auf eine Debatte ein, obwohl sie eine solche fordert. Sie argumentiert nicht sachlich, sondern sie verbreitet immer wieder fundamentalistische Parolen, oft mit diversen abenteuerlichen unwahren Behauptungen garniert. Damit macht sie sich jedoch nur unglaubwürdig und überzeugt keine jugendlichen Kiffer zur Mäßigung, sondern provoziert sie nur zu mehr Konsum.

Drogenpolitische Fundamentalisten scheinen in der SPD derzeit jedoch hoch angesehen zu sein, da Caspers-Merk auf Platz 1 der Landesliste der SPD von Baden-Württemberg zur Bundestagswahl aufgeführt ist. Dies zeigt, wie wenig die SPD an einer seriösen Risikodebatte betreff Drogen interessiert ist respektive, in welch desolatem Zustand sich die Partei derzeit befindet.

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