Freitag, 5. September 2008

ANDERSWO SYLTz

DRONABINOL®ECHT

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit, aber auch von cannabisbedürftigen Antragstellern, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte jüngst zum wiederholten Male die ohnehin schon übermäßig erschwerten Grundvoraussetzungen für eine mögliche Antragsberechtigung auf Cannabis als (pflanzliche) Medizin verschärft.
Jeder kranke Antragsteller auf eine Ausnahmegenehmigung nach § 3 Abs. 2 BtM – Gesetz,
der seine Leiden mit Cannabis Sativa bekämpfen will, weil er mit der Verwendung dieses Heilmittels gesundheitlich positive Erfahrungen gemacht hat, muss künftig erst über einen nicht näher definierten Zeitraum hinweg das Medikament Dronabinol® versuchsweise einnehmen. Zudem muss er den therapeutischen Erfolg oder Misserfolg der Einnahme des Mittels ärztlich dokumentieren lassen.
Dronabinol® kostet – je nach individuellem Bedarf – bis zu 800 € monatlich und wird von den meisten Krankenkassen nicht erstattet. Ute Köhler aus Thüringen beispielsweise kämpft bereits seit rund 8 Jahren erfolglos gegen die dortige AOK, um das Mittel endlich bezuschusst zu bekommen. Sie benötigt es wegen schwerster Unterleibs-Schmerzzustände nach einem ärztlichen Bestrahlungs-Fehler. Frau Köhler wurde dieses Jahr nach einer Ein-Personen-Protestaktion mit einem Schild „Gebt mir meine Medizin!“ von einem Sondereinsatz-Kommando am Berliner Reichstagsgebäude „abgeräumt“. Im Beisein ihrer Angehörigen. Den Tipp, vor dem Bundestag zu demonstrieren, hatte ihr ein Staatsanwalt gegeben, der zuvor mit Ute Köhlers Selbstanzeige wegen des ungenehmigten Anbaus von Cannabis befasst gewesen ist.
Allen schmerzlindernden Eigenschaften zum Trotz haftet dem Dronabinol® unter Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern der zweifelhafte Ruf einer vergleichsweise nicht gleichrangigen Substanz-Wirkungsweise zu Cannabis an. Für just diese Krankengruppe ist die vom BfarM aufgestellte Verpflichtung zur probeweisen Einnahme von Dronabinol® (vor Antragsberechtigung Cannabis) daher mit ihren unwägbaren Risiken eine absolute Zumutung. Eine Zumutung nicht nur zu finanziellen Lasten der Betroffenen – sondern auch vorhersehbar zu ihren gesundheitlichen. Mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit hat diese kürzlich erst geschaffene Verwaltungs-Hürde auf Verpflichtung zum Dronabinol®-Gebrauch nichts mehr gemein. Im Gegenteil: Das BfArM greift mit der verschärften Antragsvoraussetzung zeitverzögernd in den nach Maßgaben des Patienten aktuell möglichen positiven Heilungs- oder Linderungsprozess ein und verhindert so eine zeitnahe Cannabis-Therapie des Erkrankten, dessen körperlicher Notstand nicht den geringsten Aufschub duldet.
Zumal dann nicht, wenn es sich um chronische oder final tödliche Symptomatiken handelt.
Soweit aber darf der staatliche Eingriff nicht gehen, dass der Eingreifer gesundheitlich Schlimmes per BtMG, Verwaltungs- und Dronabinol® echt noch zusätzlich verschlimmert, bloß weil er versehentlich, in Unkenntnis oder in menschenverachtender Ignoranz und Dummheit, die Hürden für den einzelnen Patienten auf ein faktisches Unerreichbarkeitsniveau gelegt hat. Irgendwo nach anderswo.

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