Mittwoch, 1. Juni 2011

Ein Feldrand, zwei Astscheren und 50 Samen

Viel ernten mit wenig Schnickschnack

April 2007
Der bis dato heißeste seit der Wetteraufzeichnung. Nach einer guten Ernte im Jahr zuvor und genügend Samen aus diesen Blüten (ja, ein Kollege hatte eine männliche übersehen), dachten wir an einen Versuch mit dem Saatgut der Vorsaison. Es waren Cyber Crystals vom holländischen Breeder KC Brains und Bubble Gum von Serious Seeds, die ich aus der Vorjahrsernte Blüten sammelte, also jeweils die zweite Generation. Also gingen mein Partner und ich ans Werk und selektierten die besten Samen aus. Wir testeten jeden einzelnen mit einem kleinen Druck, wenn er zu weich war, ging er kaputt, wenn nicht, kam er ins Töpfchen. Meistens konnte man schon erkennen, welcher Samen was taugte und welcher nicht. Helle und teilweise noch grüne Seeds waren meist schon zum Tode verurteilt. Am Ende der Auslese konnten wir ungefähr 50 stark marmorierte, sehr feste Samen unser Eigen nennen und auch verwenden. Da wir so viele Seeds zur Verfügung hatten, verzichteten auf eine Vorkeimung und setzten erstmal dreißig in mit Erde befüllte Torfjiffies und überließen sie ihrem Schicksal.

Nach einigen Tagen waren die ersten Keimlinge an der Öberfläche der Töpfe zu sehen. Einige wuchsen mit kräftigen Stielen und großen Keimblättern. Ungefähr zwei Wochen später waren 15 gute Keimlinge gewachsen, die auch bereit waren in andere, größere Gefäße umzuziehen. Wir pflanzten die Sprößlinge in 500ml Töpfe und überließen sie nochmals dem Schicksal.
In der Zwischenzeit hatten wir uns auch schon ein geeignetes Plätzchen für die Ladies ausgesucht und bereiteten die Stelle für die aufkommende Saison vor. Bewaffnet mit Astschere und Spaten gingen wir der wildwuchernden Vegetation an den Kragen um Licht ins Dickicht zu bringen. Natürlich gingen wir sorgsam um, ließen von außen eine gute Tarnung entstehen. Dieser Fleck war wirklich der perfekte Guerillagrowort. Von der einen Seite nur Wasser und ein dicker Schilfgürtel, von der Anderen uneinsichtige Dschungelverwucherungen und nichts als Acker. Unser Geheimgang war regelmäßig zugewachsen mit allerlei Unkraut.

Mitte Mai,
als es endgültig keinen Bodenfrost mehr gab, entschlossen wir uns, die restlichen zwölf Pflänzchen, die von den 15 übrig waren, an ihren endgültigen Standort zu platzieren. Dazu kamen noch die restlichen 20 Samen, die wir noch nicht ausgesät hatten. Wir planten ein Experiment mit ihnen: nach dem wir eines Morgens mit dem Boot ein paar zusätzliche Säcke Erde zur Stelle brachten, gruben wir 10 kleine Löcher, in die wir jeweils zwei Samen packten und warteten ab, was passierte. Leider keimten so nur drei von zwanzig Samen, doch da wir eh irgendwo einen Überschuss hatten, nahmen wir den Verlust hin.
Als Nährstoffe sollte uns ein Langzeitdünger dienen, den wir beim Umgraben mit ins Erdreich gaben. Ein sehr ausgewogener mit einem erhöhten Stickstoffanteil, was man am üppigen Wuchs einige Wochen später sehen konnte. Anfang Juni hatten sie bereits die Metergrenze erreicht und viele Verzweigungen gebildet. Einige der Plfanzen hatten jedoch ein paar Probleme, da es eine Zeit lang heftigst regnete und der nahgelegene See Wasser standen und ein nasse Füße bekamen. Abschöpfen war angesagt, doch trotzdem büßten die Pflanzen einige Wochen Wachstum ein und waren nicht so schön prächtig, wie die, die ihren Standort weiter weg vom Wasser hatten. Doch wer ein echter Guerillagärtner ist, steckt auch Rückschläge weg und so ließen wir sie wachsen und freuten uns über ihren Anblick.

Die Zeit verging und das Wasserproblem war Mitte Juli so langsam behoben, das Wetter sehr heiß und die trockener stehenden Pflanzen erreichten zu diesem Zeitpunkt schon an die zwei Meter. Die ersten Blüteanzeichen offenbarten sich, die Pflanzen zeigten jetzt ihr Geschlecht: Die Pflanzen, die sehr nass geworden waren, zeigten die ersten Fäden bzw. Eierchen an den Zweigachseln. Nach näherer Betrachtung outeten sich zunächst drei als männliche, Anfang August dann noch eine weitere, was mich ein wenig ärgerte, da er eine der größeren Exemplare war. Neben dem Langzeitdünger verwendeten wir nun auch Hesi Blühkomplex und Phosphor Plus, welchen wir bei unserem wöchentlichen Gang mit ins Gießwasser taten. In der zweiten Augustwoche dann eine große Überraschung: vier der Pflanzen outeten sich als stark violette, so stark, dass es uns teilweise wie schwarz vorkam. Der Geruch ähnelte einem sehr strengen Zitrusreiniger. Die Freude war riesengroß, da wir in unserem Leben noch keine lebende „Purple“-Pflanze gesehen hatten. Man konnte auch schon deutlich die Erbanlagen einiger Stauden erraten, einige wuchsen wie dichte Büsche, klein und gedrungen, mit niedrigem Nodienabstand, was wohl auf ihre Indica-Gene zurückzuführen war. Die Blüten waren schon recht angeschwollen, was wir vorher um diese Zeit auch noch nie gesehen hatten. Auch hier kam ein gewisser zitrusartiger Punch durch, nur dieser war bei weitem nicht so streng. Die purpurnen hingegen hatten einen sehr großen Abstand zwischen den einzelnen Zweigen, waren riesig gewachsen (mittlerweile um die 2,50 m) und sahen aus wie aus einem Bilderbuch entsprungen. Oft blieben wir lange und genossen diesen einmaligen Anblick an dieser für uns sehr idealen Stelle. Bei sehr warmem Wetter verströmten die Ladies ihren angenehmen Duft und wir fühlten uns ein wenig wie im Märchen von 1000 und einer Nacht.

Doch hin und wieder rief uns dann doch die Pflicht, und so entschieden wir uns einmal wöchentlich in Richtung der Senoras zu schreiten. Sie gediehen ausgezeichnet, selbst die drei Pflanzen, die wir an Ort und Stelle zum Keimen brachten, zeigten deutliche Budbildung, auch wenn sie etwas kleiner waren als die anderen. Der Gang zum Versteck war jedes Mal ein Highlight: Die Blütenbildung war in vollem Gange. Uns waren noch zwölf Ladies von anfangs 50 Samen geblieben, doch sie hatten es faustdick an den Ästen. Eine Bubble Gum war uns geblieben, die jedoch langsam anfing zu zwittern. Also schnitten wir jede Woche die männlichen Blüten von den weiblichen und warteten ab, was passierte. Von den anderen wussten wir nur, dass es sich um Cyber Crystal handelte, jedoch machten sich drei Phänotypen breit: der eine sehr sativamäßig purplende, eine gedrungene Indicaversion und ein „Phäno“ irgendwo dazwischen. Er wuchs nicht gerade hoch, hatte aber einen ziemlich großen Abstand zwischen den einzelnen Nodien. Zwei der zwölf hatten diese Eigenschaften und verströmten einen eher haschigen Geruch.
Das gute Wetter blieb uns erhalten, wenn auch mit ein, zwei Ausnahmen, im September treu. Wir konnten bis zu diesem Zeitpunkt keinen Schimmel feststellen und freuten uns schon auf die Ernte, die in etwa drei Wochen, laut unserer Rechnung, stattfinden sollte. Deswegen gaben wir nochmal die doppelte Menge an Dünger hinzu. Die Pflanzen bedankten sich mit üppiger Trichombildung an allen Pflanzen, selbst an der leicht zwitternden Bubble Gum. Diese hatte immer wieder vereinzelt männliche Blüten gebildet, die wir aber von Woche zu Woche entfernten. Es war ein ganz leichter Zwitter und wir machten uns weiter keine Gedanken um eventuelle Bestäubung, die Blüten im letzten Jahr wurden schließlich auch bestäubt und hatten trotzdem einen guten Turn.

Der September
näherte sich langsam dem Ende und wir gaben den Pflanzen jetzt nur noch klares Seewasser. Das Wetter war weiterhin auf unserer Seite und die Babes machten einen sehr glücklichen Eindruck. Als es Anfang Oktober dann langsam anfing schlechter zu werden, entschieden wir uns den Pflanzen mit Erntescheren auf den Pelz zu rücken. Wir schnitten Ast für Ast von den teilweise dicken Stämmen und tüteten sie in blaue Müllsäcke, nachdem wir die groben Laubblätter entfernt hatten. Die grobe Schnibbelarbeit hoben wir uns für gemütlichere Stunden im Warmen auf.
Nach einem riskanten Einbringen der Ernte, welche selbst durch die von uns in blaue, undurchsichtige und mehrere Lagen verpackten Säcke schon meilenweit gegen den Wind zu riechen war, entschlossen wir uns, Ast für Ast erstmal an einem gut gelüfteten Ort zum Trocknen aufzuhängen. Vielen Dank nochmal an den Großvater meines Partners, der uns einen Raum zur Verfügung stellte. Nach 10 Tagen vortrocknen gingen wir den Buds zur Endmaniküre an den Kragen. Sie waren schon trocken genug, um einen Testsmoke einzuleiten: wir probierten zuerst von der purpurnen Variante der Cyber Crystal. Sie schmeckten wie sie rochen, wie ein sehr strenger Zitrusreiniger, der uns das eine oder andere Mal zum Husten brachte. Die Wirkung war sehr entspannt und die Optik sehr klar, lag also irgendwo zwischen Sativa und Indica. Die grünen Varianten unterschieden sich nicht in der Wirkung. Sie lieferten einen Knockoutstone der Extraklasse, perfekt für den Feierabend und ganz sicher nichts für Zwischendurch oder für tagsüber. Geschmacks- und geruchstechnisch konnte man ein leichtes Zitrusaroma mit haschigem Unterton feststellen. Enttäuscht waren wir lediglich von der Bubble Gum. Der Ertrag lag bei etwa 18 Gramm von einer Pflanze und das High war nur sehr subtil bis fast gar nicht wahrnehmbar, trotz der vielen Trichome, die sich auf den Blüten zeigten.

Alles in allem würde ich sagen, dass uns dieser Grow sehr gelungen ist und das Wetter definitiv auf unserer Seite war. Mein Partner und ich waren zumindest bis ins neue Jahr äußerst zufrieden mit unserer Ernte und bekamen auch gutes Feedback von anderen Leuten, die unser Gras rauchten.
Bleibt uns nur noch zu hoffen, dass es bald vorwärts geht mit der Cannabispolitik in Europa und wir die ganze Sache auch mal legal angehen können.
Keep on growing

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