Eine Anzahl von Cannabis-Konsumenten hat versucht, sich
Cannabis-Produkte zu spritzen, beispielsweise indem sie Haschisch
aufgelöst oder Cannabis-Blüten gekocht und sich den
abgeseihten Tee injiziert haben – und es oft bereut. Ob dabei immer
gesundheitsschädliche Wirkungen aufgetreten sind, ist nicht
bekannt. Bei den Fällen, die medizinisch bekannt wurden, traten
allerdings zum Teil erhebliche Schäden auf. Bei meiner Suche
habe ich in der wissenschaftlichen Literatur elf Berichte über
Fälle, bei denen Cannabis intravenös (in die Venen)
gespritzt worden war, gefunden. Der älteste dieser Berichte
stammt aus dem Jahre 1968, der jüngste aus dem Jahre 2000.
Der Fallbericht von 1968, der in einer britischen Ärztezeitschrift
veröffentlicht wurde, handelt von einem Konsumenten, der sich
Haschisch spritzte und einen Kreislaufzusammenbruch erlitt, von dem
er sich aber wieder erholte. 1975 berichteten Ärzte in einer
amerikanischen Ärztezeitschrift von vier Fällen, bei denen
schwere Magen-Darm-Störungen, schwere Leberentzündungen,
akutes Nierenversagen sowie Störungen der Zusammensetzung des
Blutes aufgetreten waren. In einer Veröffentlichung aus dem
Jahre 1976 wurde von zwei Fällen berichtet, bei denen ein
Blutdruckabfall, Störungen der Nierenfunktion, Auflösung
von Muskelfasern und eine Abnahme der Zahl der Blutplättchen
beobachtet worden waren. Diese Wirkungen verschwanden nach einiger
Zeit wieder vollständig. Auch über allergische Reaktionen
wurde nach intravenöser Gabe von Cannabis-Produkten berichtet.
Wegen der Vielzahl der möglichen zum Teil schweren
Nebenwirkungen ist eine intravenöse Gabe von Produkten aus der
Cannabis-Pflanze nicht zu empfehlen.
THC kann dagegen gespritzt werden. Allerdings erfordert dies
spezielle Kenntnisse und Vorbereitungen. THC wurde bereits in vielen
Tierversuchen und auch in einigen klinischen Studien mit Menschen
intravenös verabreicht. THC ist sehr schlecht wasserlöslich
und löst sich daher auch schlecht im Blut. Die Löslichkeit
von THC in lauwarmem Wasser beträgt nur etwa drei Milligramm pro
Liter. THC muss daher vor der intravenösen Gabe in Substanzen
gelöst werden, die ihrerseits in Wasser löslich sind, wie
beispielsweise Äthanol (Alkohol), Polyäthylenglykol oder
Twen 80 (Polyoxyäthylensorbitanmonooleat). In einer jüngeren
klinischen Studie, bei der die Wirkung von intravenösem THC mit
inhaliertem THC verglichen wurde, wurde THC in Alkohol und Tween 80
gelöst und anschließend mit Ultraschall beschallt. Es ist
also durchaus möglich, THC zu spritzen. Das ist allerdings keine
Angelegenheit für den Hausgebrauch.
In der Medizin ist es oft von Vorteil, Medikamente auch intravenös
geben zu können. Daher wurden bereits in den 70er-Jahren
wasserlösliche synthetische Cannabinoide entwickelt. Zur Zeit
wird das synthetische Cannabinoid Dexanabinol in klinischen Studien
an Personen, die bei einem Unfall eine schwere Kopfverletzung
erlitten, getestet. Dexanabinol ist ein nervenschützendes
Cannabinoid und die beteiligten Wissenschaftler und Ärzte
hoffen, mit Dexanabinol die Folgen der Verletzung auf die
Gehirnfunktion abmildern zu können. Dazu muss die Substanz
möglichst schnell (innerhalb weniger Stunden) nach dem Unfall
intravenös gegeben werden.
Der Wirkungsverlauf nach intravenöser Gabe von THC entspricht
ungefähr dem beim Rauchen. Auch nach dem Rauchen steigt die
THC-Konzentration im Blut sehr schnell an, ist nach drei bis acht
Minuten am höchsten und fällt dann wieder ab. Die maximale
Wirkung tritt allerdings erst nach etwa 20 bis 30 Minuten ein. Diese
Wirkungsverzögerung beruht auf der Zeit, die das THC benötigt,
um an die Bindungsstellen im Gehirn zu gelangen. Wegen der
Fettlöslichkeit benötigt THC eine gewisse Zeit, um die so
genannte Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, die dafür sorgt,
dass bestimmte Substanzen nicht oder nur schlecht aus dem Blut in die
Gehirnflüssigkeit gelangen. Auch beim Spritzen von THC tritt
diese Wirkungsverzögerung auf. Wer sich also THC spritzen will,
um eine schnellere Wirkung zu erzielen, wird enttäuscht sein,
dass die Wirkung nicht wesentlich schneller eintritt als nach dem
Rauchen. Wer eine sehr starke Wirkung wünscht und sich große
Mengen injiziert, muss mit starken Wirkungen auf den Kreislauf
rechnen.
Zusammengefasst möchte ich vom Spritzen von
Cannabis-Produkten abraten. Das Spritzen von Haschisch oder
Cannabis-Tee hat in der Vergangenheit zu starken Nebenwirkungen und
zu unfreiwilligen Aufenthalten im Krankenhaus geführt. Reines
THC kann dagegen mit einigen Kenntnissen und Vorbereitungen gespritzt
werden. Es ergibt sich hinsichtlich des Wirkungseintritts allerdings
vermutlich kein Vorteil gegenüber dem Rauchen.