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Clueso >> Gute Musik für überall und jeden |
Publiziert am: 07.07.04 - Medienformen:  |
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An
einem sonnigen Mittag treffe ich mich zum Interview mit Clueso in den
heiligen Hallen von Four Music. Gut gelaunt begrüßt er
mich und nach meiner Begrüßungs-Cola von Susanne nimmt das
Gespräch seinen Lauf. 1980
unter dem Namen Thomas Hübner geboren, wurde daraus irgendwann
„Clueso“. Diese Namensfindung erklärt sich so, dass seine
Freunde ihn immer „Inspektor Clueso“ nannten, da er meist etwas
tolpatschig war, aber trotzdem zum Ziel kam. Abgesehen davon wurde
sein alter Amiga-Computer immer mit der Ansage „Hier ist die
Wohnung von Chefinspektor Clueso“ gestartet.
Nachdem
Clueso HipHop durch Breakdance etwas kennen gelernt hat, macht er
seit 1995 eigene Musik, anfangs mit EFP 96 (Erfurt Projekt 1996),
dann mit den legendären Wostok MCs in der Besetzung, die heute
noch Bestandteil der Clueso-Band ist (Clueso, DJ Malik, Steer M). In
dieser Zeit kommt gerade der legendäre „Klasse von 95“-Sampler
heraus, auf dem u. a. MC Rene und die Stieber Twins mit ihren ersten
Sprechgesängen glänzen. Im Jahre 1998 folgt nach der
geschafften Lehre die erste eigenhergestellte Vinyl-Veröffentlichung
„Clüsolo“ (damals noch mit „ü“), die auch einen
Verlagsvertrag bei BMG Ufa nach sich zieht!
Ein
Jahr darauf zieht er nach Köln, um im „10vor10-Studio“ mit
DJ Chestnut aka Arj Snoek und seinem Manager Andie Welskop Gas zu
geben. Denn in Erfurt gibt es nicht wirklich Strukturen, und Köln
ist bekannt für jede Form von Bewegung und Produktivität.
Hier kommt er auch mit Grand Agent und Blumentopf in Kontakt und
öffnet sich nach seiner Reise durch die Soundsystems des Reggae
auch dem HipHop, wobei dieses Liedermacher-Ding in Form des
Schreibens von Songs schon immer in ihm steckte. Bei der offiziellen
Opening Party des „10vor10-Studios“ in Köln lernt er auch
Jakober kennen, der in dieser Zeit bei Four Music arbeitet und heute
mit Thomas D auf der künstlerischen Lebensgemeinschaft „Mars“
zusammenwohnt. Dieser findet Cluesos Demo-Material so gut, dass es
schon 2000 zu einem Plattenvertrag bei Four Music kommt!
Im
Jahre 2001 erscheint seine erste LP „Text und Ton“, und die
Kölner Clueso-Live-Band „Curfew“ begeistert u. a. das
Publikum bei den “MTV HipHop Open” in Stuttgart und bei der
“Beats for Life” in Köln. Nach seinem Umzug 2002 zurück
nach Erfurt ist Clueso der Frontmann des „Rowdy-Club-Tapes“, auf
dem sich viel Songmaterial von Clueso in Albumlänge befindet und
das im neugegründeten „Zughafen“ in Erfurt produziert wird.
Durch einen Aufenthalt in Neuseeland und den ganzen Eindrücken
aus seiner unmittelbaren Umgebung, mit denen er ganze Bände mit
Songs füllen könnte, beginnt er 2003 mit der Produktion vom
zweiten, neuen Album! Währenddessen kommt es auch zu
Kooperationen mit DJ Vadim und Flowin’ Immo.
In
Bezug auf das Zittern in der Musikbranche frage ich Clueso zu seiner
Einstellung gegenüber der Musikindustrie und ihrer Zukunft. Und
er antwortet mir mit dem Bild eines Predigers, der das Leid und den
Schmerz eines Volkes dazu benutzt, seinen Zuhörern die Augen zu
öffnen und so seine Gedanken verbreitet. So verschafft er sich
Gehör und auch eine Form der Erfüllung, denn seine Songs
sind alles andere als hoffnungslos! Auch bei dramatischen Themen
haben sie eine musikalische Leichtigkeit. Sein erstes Gebot: Freude
am Sein!
Clueso
hat sich von einem Rapper- und Back-Track-Produzenten zu einem
Songwriter mit Leib und Seele entwickelt, der quasi die Ereignisse
der Welt direkt in seinen Stift überträgt und mit ganz
genauen Details in den Textzeilen aufblitzt, die jeder mitfühlen
kann. Die Texte weisen den jungen Erfurter als sicheren Beobachter
menschlicher Schwächen und Träume aus, die er ungeschönt
beschreibt, ohne sich dabei in Klischees zu verlieren. In seinen
Songs geht es ihm um Ehrlichkeit und Offenheit, und auf die Frage,
woher er seine Inspiration zum Texten nimmt, antwortet mir Clueso
ganz nüchtern: „Alles, was ich sehe“. Viele feinfühlige,
lebensnahe Songs finden dafür auf der neuen Scheibe Platz, die
ohne große Ausschweifung und Pathos auskommen, aber dennoch
detailliert von Alltagssituationen, Sehnsüchten und Begegnungen
aus Cluesos Leben erzählen.
Mit
„Gute Musik“ veröffentlicht Four Music ein Album, das
abseits gängiger Deutsch-HipHop-Muster liegt. Mit Einflüssen
aus HipHop und Reggae, Blues und Jazz singt Clueso mehr als er rappt.
Für das Intro, eine Coverversion, zeichnet sich die Thüringer
Blues-Legende Jürgen Kerth samt Band verantwortlich. Auf dem
Album-Titeltrack „Gute Musik“ sagt Clueso
auch wenn das Wetter schlecht ist und gerade alles nicht so läuft
es geht ihm gut, wenn ihn „Gute Musik“ geflasht hat! Und er freut
sich „jeden von meinen Jungs zu sehn“ und spricht über das
Glück, dass man eigentlich gar nicht mehr wahrnimmt vor lauter
schlechten Nachrichten. Ist das Album eher für zu Hause
konzipiert?
Clueso korrigiert mich bei dieser Frage: „Nicht unbedingt. „Love
the people“ kann beispielsweise live rübergebracht werden wie
ein Fön!“
Eines
der besten Stücke ist auf jeden Fall „Pizzaschachteln“, denn
der Song hat Charakter, weil Clueso mal einfach so erzählt, wie
sein Zimmer aussieht. Und das sind die Gefühle einer ganzen
Generation, ein bisschen Wohlstands-, ein bisschen Lost-Generation
unklar, wohin der Weg geht und immer auf der Suche. Und dann bricht
Feuer aus im 3. Stock („Vergessen“),
doch die Gründe dafür, wie leicht Vergessen in dieser
Situation sein kann, weiß nach circa drei Minuten jeder, selbst
der Feuerwehrmann, der ihn da rausholt. Manchmal fehlen einfach die
Wahrnehmungsfilter, man hängt der Gegenwart hinterher, die
Objektivität fehlt, und so wird die Suche nach dem Jetzt
sichtlich schwer. „Kein Bock Zu Gehn“ ist wohl das am aufwendigsten
durchproduzierte Stück des Albums geworden. Das Outro lebt nicht
nur von der Atmosphäre des Textes und Gesangs, sondern auch von
wahnsinnig schönen Streichersätzen und feinfühligen
wie markanten Bläser-Arrangements. Wer hat da schon Bock zu
gehen?
Das
sieht einige Wochen nach diesem Interview schon ganz anders aus, denn
da hab ich extrem Bock zu gehen und zwar in den Berliner Magnet Club, denn nach den Auftritten von
Franky Kubrick & Sedoussa rockt Clueso mit seiner Band das
Berliner Publikum und beweist, dass sein Albumtitel keineswegs
übertrieben ist.
Die
erste Singleauskopplung heißt „Wart mal“, und auch sein
zweites Album „Gute Musik“ wurde kürzlich veröffentlicht
und ist wirklich zu empfehlen.
Weitere
Infos unter
www.clueso.de
www.zughafen.de
www.fourmusic.com
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Interview & Text: Roland Grieshammer |
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