

Selbst im Drogen- und Suchtbericht 2004 wird weiterer Handlungsbedarf bestätigt. Auch im Koalitionsvertrag von 2002 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „die Verschreibungsmöglichkeiten von Cannabis-Präparaten in wissenschaftlich anerkannten Fällen weiterentwickelt werden sollen“, ohne dies mit der Legalisierungsdebatte zu vermischen.
Nun findet das Münchener Unternehmen keine Abnehmer mehr für sein Produkt. Auch der Antrag von Südhanf, die Blüten als solche verschreibungsfähig und damit für Kranke auf Rezept zugänglich zu machen, wurde Anfang des Jahres abgelehnt. Daraufhin brach Sawetzky das ihm staatlicherseits auferlegte Schweigegelübde bezüglich seines Broterwerbes und wandte sich an die Öffentlichkeit.
Noch wird der Hanf in einer alten Bunkeranlage in der bayrischen Landeshauptstadt unter Natriumdampf-Lampen angebaut. Gezüchtet werden hauptsächlich Kreuzungen selbstimportierter Samen aus Afrika und dem Himalaya, versuchsweise arbeitet Südhanf auch mit niederländischen und Schweizer Samen. Verwendet wird ausschließlich selbstgemischtes Erdsubstrat, bei Bedarf wird in der Endblütenphase biologischer Flüssigdünger eingesetzt. Alle Pflanzen werden aus Samen gezüchtet. Nach Aussage des Firmengründers sei allerdings für ein standardisiertes Produkt eine Vermehrung aus Stecklingen notwendig. Schädlingsprobleme seien im Bunker bis dato noch nie aufgetreten.

Sawetzky hofft jetzt, dass durch die aktuelle Rechtssprechung eine Wende in der Gesundheitspolitik eintreten könnte. So sprach ein Mannheimer Schöffengericht in einer Berufungsverhandlung im Januar 2005 einen an Multiple Sklerose erkrankten Mann frei. Er war wegen des Anbaus von Cannabis angeklagt, obwohl er nachweislich durch den Konsum von Cannabis die Symptome seiner Krankheit lindern konnte. Ein ähnliches Urteil fällte das Berliner Landgericht schon im November 2003 bei einem an dem chronischen Darmleiden Morbus Crohn Erkrankten, ein dritter Richterspruch dieser Art ist noch nicht rechtskräftig.
Ein wahrlich desaströser Zustand herrscht in diesem Land. Immer mehr Kranke müssen vor Gericht ziehen, um überhaupt auf legalem Weg ihre Krankheitssymptome zumindest aus eigener Tasche lindern zu dürfen. Gleichzeitig wird dem einzigen Produzenten, der ein preisgünstiges Mittel zur Selbsthilfe anbietet, die Abgabe seiner Medizin verwehrt. Und das alles nur, weil dieses Präparat auch als Rauschmittel verwendet werden könnte. Das gilt allerdings für sehr viele Arzneimittel und darf kein Grund sein, Grundlagenforschung zu behindern oder chronisch Kranke weiter leiden zu lassen.

Die Möglichkeit der Gabe von Dronabinol ist aus Verbrauchersicht inakzeptabel, denn die meisten Krankenkassen übernehmen die Kosten des teuren Medikamentes nicht. So geschehen im oben erwähnten Fall in Mannheim. Der Preis pro Milligramm Dronabinol liegt zur Zeit bei etwa 80 Cent. Eine Behandlung kostet somit monatlich je nach Tagesdosierung zwischen 240 und 480 Euro. Die pflanzliche Alternative schlüge mit 30 bis 60 Euro zu Buche.
Wie schön, dass hier mal wieder politisches Kalkül die Behandlung chronisch kranker Menschen verhindert, diese zusätzlich kriminalisiert und die Verschwendung von Krankenkassenbeiträgen billigend in Kauf nimmt. Auf Anfrage bei der Firma Bionorica erfuhren wir, dass, aufgrund bürokratischer Hindernisse momentan in Deutschland keine vernünftige Forschung möglich sei. Soviel dazu, Frau Schmidt! Zukünftig wird die Phyto-Arzneifirma auf diesem Gebiet in Österreich weiterforschen und zwar im konservativ regierten Tirol.