Donnerstag, 2. Juni 2005

Geschichten aus Marokko

Auf dem Weg ins Rif

Da ich schon des Öfteren das schöne Land bereisen durfte, will ich
versuchen eure Neugier zu wecken und vielleicht ein paar gute Tipps
rüberzubringen. Das größte Exportprodukt Marokkos ist zwar Phosphat,
aber der eigentliche inoffizielle Exportschlager ist Kif, in Form von
Haschisch jeder Qualität. Das harzige Produkt unser aller
Lieblingspflanze kann man zwar fast überall in Marokko erstehen, aber
angebaut wird es nur im Rif.

Das Rif ist das nördlichste Gebirge in Marokko und gehört geografisch
zum Atlasgebirge. Es zieht sich zwischen Tetuan und Al Hoceima am
Mittelmeer entlang und hat an die dreitausend Meter hohe Gipfel. Je
weiter man sich vom Rif entfernt, desto schwieriger wird es gutes Harz
zu erstehen und die Preise, naja … Wenn man also etwas Reiseproviant
erstehen will, sollte man das im Norden tun. Was allerdings jedes Mal
ein Abenteuer sondersgleichen und deshalb nichts für schwache Gemüter
ist. Schon die Anreise hat es in sich. Im Prinzip gibt es zwei
Möglichkeiten, einmal vom Süden Spaniens (Algeciras) aus mit der Fähre
nach Ceuta oder Tanger und dann in die Berge. Die zweite gern genommene
Route ist zwar länger und teurer, dafür schöner. Man fliegt (als
Neckermann-Tourist) nach Agadir, mietet sich ein Auto oder nimmt den
Bus und fährt gen Norden. Auf die Reise durchs Land gehe ich nicht ein,
das würde zu weit führen, nur so viel: Auf alle Fälle mal in Hamduillah
vorbeischauen.

Als guter Anfang, um ins Gebirge zu fahren, empfiehlt es sich, in
Chefschauen in einem der bessern Hotels abzusteigen. Aller Häuser der
Stadt sind in Blau und Weiß getüncht, was gerade in der Abendsonne eine
fast mystische Tausend-und-eine-Nacht-Stimmung erzeugt. Die Menschen in
ihren Jelabas und der stetig in der Luft liegende Haschisch-Geruch tun
das Übrige. Kommt man in diese Stadt, ist man natürlich der potenzielle
Haschkäufer. Was auch so seine Probleme mit sich bringt. Und obwohl man
sich schon fast im Anbaugebiet befindet, sollte man doch sehr
vorsichtig sein und genau schauen, wer einem was offeriert. Eine
Grundregel ist: LASS DIR ZEIT! – was übrigens für alles in Marokko gilt.

Man sollte nicht auf eines der vielen Angebote der Einheimischen, eine
Farm zu besuchen eingehen, da man meistens nicht gehen kann, ohne ein
Stück Hasch zu kaufen. Ich hab’ da schon Sachen gesehen … Und die Rifis
sind echte Meister ihres Geschäfts. Da es auch in Marokko ein illegales
Geschäft ist, ist es zuweilen etwas heikel, gerade wenn man niemanden
kennt. Ich hatte da bisher allerdings keine sonderlichen Probleme. Wenn
man sich ein paar Tage in Chefschauen aufhält, wird man bestimmt
jemanden treffen, der einen Besuch bei einer Farm geplant hat. Als ich
das erste Mal zu einem Bauern im Rif gefahren bin, lief das so ab: Ich
traf in Tetuan zwei Bekannte aus Holland. Die beiden waren mit einem
alten Mercedes unterwegs, der dann bei einem bekannten Bauern getauscht
werden sollte. In einem Hotel in Tetuan trafen wir auch unseren Freund
Nadime, der den ganzen Deal organisiert hat. Nadime hatte auch schon
einige Kostproben mitgebracht, und nach den ersten paar Tüten von
diesem leckeren Zeug stellte sich langsam die nötige Relaxtheit ein.
Nach etlichen Joints mehr und einem opulenten Mahl gingen wir schlafen.
Am nächsten Tag fuhren wir ohne Nadime nach Chefschauen. Nadime hatte
sich schon am Abend vorher auf den Weg gemacht, um uns im Hotel bei
Freunden anzumelden und aus Sicherheitsgründen. Denn für einen
Marokkaner in diesem Geschäft ist es nicht ratsam, sich mit seinen
Kunden sehen zu lassen. Das kostet sonst viel Schmiergeld oder
Schlimmeres.

In Chefschauen angekommen, konnte man schon die ersten Gipfel des Rifs
sehen und meine Aufregung stieg und stieg. Ich wollte endlich die
Felder sehen …(es war Februar und es war noch nicht mal gesät).
Zuerst ging es aber zu Fuß vom Platz der Grand Taxis durch die halbe
Stadt bis zu dem uns genannten Hotel. Auf der vielleicht einen
Kilometer langen Strecke wurden wir auf mindestens fünf Farmen
eingeladen. Die Sprüche waren immer dieselben: Kommt zu unserer Farm,
„it’s quiet and nice“ and „we have the best“ and „the cheapest“ … Es
war ziemlich nervig, bis wir das Hotel erreichten. Dort wurden wir
schon erwart und wie üblich gab es sehr starken, sehr süßen Minz-Tee,
dazu Süßigkeiten und später noch ein Couscous. Und natürlich unzählige
Joints mit bestem Sero’Sero. Abends machten wir einen Gang durch die
Stadt, wo es überall nach Hasch roch und überall Leute in den Cafés
saßen. Da meine beiden Kollegen aus Holland nicht zum ersten Mal hier
waren, bekam ich eine Führung durch diese sehr interessante Stadt.
Außerdem passten sie auf mich auf, was zu diesem Zeitpunkt auch gut so
war, denn ich war doch noch etwas naiv. Nach dem Sonnenuntergang war
die Stadt schlagartig belebt, was am Ramadan lag, wie ich an diesem
Abend erfuhr. Wir besuchten Nadimes Familie, dort wurden wir die ganze
Nacht mit allen nur erdenklichen Köstlichkeiten zugestopft und ich
bekam endlich mein erstes Stück Hasch in die Hand gedrückt: Etwa 30 bis
40 Gramm vom Feinsten und ich musste es nicht mal bezahlen. Es sah
goldgelb aus und war noch kein bisschen bearbeitet. Ich erwärmte es ein
wenig, der Duft war frisch und gut. Wir rauchten und redeten die ganze
Nacht durch, bis morgens alle am Tisch eingeschlafen waren. Wir
schliefen bis abends weiter und fuhren dann mit dem Taxi und ohne
Nadime ins Rif. Kaum hatten wir Chefschauen verlassen, standen wir vor
einer Polizeisperre. Die Polizisten wollten wissen, zu welchem Bauern
wir denn fahren würden. Meine beiden Freunde versuchten zu erklären,
dass sie auf dem Weg nach Al Hoceima wären um dort einen Badeurlaub zu
verbringen. Was natürlich sofort geglaubt wurde …

Nach einigem Hin und Her und nachdem der Taxifahrer auf Arabisch
befragt wurde, ging es weiter in die Berge. Wo es, je höher wir kamen,
umso nebliger wurde und bei dem Fahrstil unseres Fahrers wurde mir doch
bald sehr mulmig. Als sich dann auch noch ein Auto hinter uns nicht
abschütteln ließ und unser Fahrer immer unruhiger wurde, wurde mir doch
leicht übel. Irgendwann überholte uns dann der Wagen und verschwand im
Nebel. Auf halbem Weg hielten wir in einem Ort namens Bab Barred an und
gingen in das einzige Café und gleichzeitig das einzige Hotel am
Platze. Sofort hatten wir eine ganze Traube Kids an uns hängen, die uns
alle Hasch aufdrängen wollten und es empfahl sich auch, alles Wertvolle
gut festzuhalten. Im Café wurden wir von einem Haufen zwielichtiger
Gestalten gemustert, bevor sich die Szene von draußen wiederholte. Ich
war so erleichtert, als es endlich weiterging. Immer höher und tiefer
fuhren wir in den Nebel, inzwischen weit weg von der Hauptstraße. Nach
zwei oder drei Stunden waren wir plötzlich da. Vor uns ein großes Tor,
das sich nach ein paar Mal hupen öffnete. Wir fuhren hinein und wurden
von Nadime und dem Bauern Abdul begrüßt. Wir wurden in ein kleines
separates Gästehaus geführt, in dem das Essen schon auf dem Tisch
stand. Nach dem Essen testeten wir einige von Abduls Proben, die wir
auch sehr gut fanden. Dann begannen meine Freunde über den Preis des
Autos zu verhandeln und wie das Ganze ablaufen sollte. Ohne Massen von
Zollformalitäten kann man kein Auto nach Marokko einführen, es sei
denn, man hat jemanden beim Zoll so wie wohl auch Nadime und Abdul.
Jedenfalls wurde man sich einig und ein paar Scheine wechselten den
Besitzer, von denen ein paar an Abdul gingen. Dieser brachte uns dann
in sein Sero’Sero Lager …

Von so einem Anblick hatte ich immer geträumt. Da lagen Hunderte Kilos
feinstes Hasch und wir hatten die Wahl. Nachdem wir diese getroffen
hatten, wurden ein paar Helfer geholt und das Hasch für den Transport
vorbereitet, was mehrere Nächte in Anspruch nahm. In der Zwischenzeit
wurden wir von morgens bis abends mit Essen vollgestopft, denn wir als
Ungläubige durften ja während Ramadan auch tagsüber essen und rauchen.
Das heißt: am Tag durften wir, nachts mussten wir. Ich glaub, ich hab’
noch nie in so kurzer Zeit so viel gegessen und geraucht. Leider habe
ich bei diesem Besuch weder eine Pflanze noch etwas von der Produktion
gesehen. Meine Freunde mussten dann nach ein paar Tagen ihren Flug nach
Holland bekommen, ich aber blieb mit Nadime noch etwas länger und
setzte dann meine Reise fort. Drei weitere Monate wollte ich bleiben.
Ich nahm mir noch ein dickes Stück Sero’Sero mit, bevor ich dann, nach
einer stundenlangen Fahrt in Abduls Jeep, mit dem Bus von Bab Barred
nach Chefschauen fuhr. Diesmal wurde ich nicht mehr von der der Polizei
belästigt. Der Polizist von der Straßensperre, der die obligatorische
Kontrolle durchführte, grinste mich nur an und sagte „You have no Hash
? Or?“ Ich schüttelte meinen breiten Kopf und grinste auch. Das war’s,
ich konnte meine Reise fortsetzen und das mit sehr gutem Proviant.

Beim nächsten Mal erzähl’ ich euch dann, wie ich mein erstes eigenes Hasch gemacht habe.

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