Dienstag, 7. Februar 2006

Ärztliche Schweigepflicht und Cannabis-Konsum

Vor allem vor einer geplanten Operation stellt sich für viele Cannabis-Konsumenten die Frage, ob sie den behandelnden Ärzten und insbesondere dem Narkosearzt (Anästhesisten) von ihrem Cannabis-Konsum sowie von Dauer und Intensität des Konsums berichten sollten.

Einerseits ist es sinnvoll, dass der Narkosearzt über die mögliche Verwendung von legalen und illegalen Drogen informiert wird, insbesondere wenn es sich um einen regelmäßigen und starken Konsum handelt. Andererseits besteht nicht selten eine Unsicherheit darüber, ob das vertraulich Mitgeteilte auch wirklich vertraulich behandelt wird.

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, über das zu schweigen, was ihre Patienten ihnen anvertraut haben. Dies gilt grundsätzlich auch gegenüber Angehörigen des Patienten und auch gegenüber anderen Ärzten, wenn zuvor keine Entbindung von der Schweigepflicht erfolgte. Die Grundlagen der ärztlichen Schweigepflicht sind in verschiedenen Gesetzen und den Berufsordnungen der Ärzte geregelt. § 203 des deutschen Strafgesetzbuches besagt, dass derjenige, der unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm als Arzt anvertraut oder sonst bekannt geworden ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft wird. Auch Arzthelfer, Krankenpfleger, Psychotherapeuten und andere Berufe aus dem medizinischen Bereich unterliegen der Schweigepflicht. Die ärztlichen Berufsordnungen legen zudem fest, dass derjenige, der als Arzt gegen die Schweigepflicht verstößt, berufsrechtswidrig handelt und von den Ärztekammern bestraft werden kann.

Praktisch spielt dieses Thema im Zusammenhang mit der Verwendung von Cannabis-Produkten eine Rolle, wenn ein Patient einem Arzt von seinem Cannabis-Konsum berichtet und dieser diese Information ohne Zustimmung des Patienten in einen Arztbrief schreibt und damit anderen Ärzten mitteilt. So ist es trotz Verbots vorgekommen, dass ein Arzt die medizinische Verwendung von Cannabis-Produkten oder den vertraulich mitgeteilten Freizeit-Konsum vorschnell als Missbrauch bezeichnet und den bisherigen Diagnosen die weitere Diagnose „Cannabis-Missbrauch“ hinzugefügt hat. Ein weiterer Konfliktpunkt kann entstehen, wenn ein 16-jähriger Jugendlicher mit seinem Arzt über seinen Konsum spricht, und dieser die Eltern informieren möchte. In beiden Fällen ist die Rechtslage eindeutig. In beiden Fällen handelt der Arzt rechtswidrig, wenn er seinen Kollegen oder die Eltern des Minderjährigen informiert. Vielen Ärzten ist dies allerdings nicht in dieser Deutlichkeit bekannt. Krankenhausärzte haben beispielsweise gelegentlich die Neigung, mit den Angehörigen eines Patienten sehr freimütig über dessen Erkrankung zu sprechen.

Selbstverständlich gibt es Ausnahmen von der ärztlichen Schweigepflicht, beispielsweise, wenn der Arzt von Kindesmisshandlungen erfahren hat. Es gibt auch Umstände, unter denen der weiterbehandelnde Arzt oder nahe Angehörige ohne vorherige Erlaubnis durch den Betroffenen informiert werden dürfen. Beispielsweise kann es vorkommen, dass ein Patient seinen Willen nicht äußern kann, weil er bewusstlos ist. Hier kann der Arzt nur versuchen, nach dem vermuteten Willen seines Patienten zu handeln. Bei einer Weiterbehandlung einer bestimmten Erkrankung dürfen die beteiligten Ärzte im Allgemeinen davon ausgehen, dass der Patient damit einverstanden ist, dass sie sich austauschen. Dies gilt jedoch nicht für Bereiche, die nicht unmittelbar und notwendig mit der behandelten Erkrankung verbunden sind. Ärzte dürfen nicht davon ausgehen, dass ein Patient damit einverstanden ist, dass ärztliche Kollegen über den vertraulich mitgeteilten Cannabis-Konsum unterrichtet werden dürfen. Ganz im Gegenteil. Sie müssen davon ausgehen, dass er dies nicht wünscht.

Um zur Einleitung zurückzukehren, ergibt sich folgender Ratschlag. Wenn ihr im Krankenhaus mit dem behandelnden Arzt über euren Konsum von Cannabis-Produkten sprechen wollt oder gesprochen habt, weist ihn daraufhin, dass er der ärztlichen Schweigepflicht auch gegenüber anderen Ärzten und dem Pflegepersonal unterliegt, und dass ihr nicht wünscht, dass dieses Thema in irgendeiner Weise schriftlich festgehalten wird, sodass andere Personen vom Inhalt eures Gespräches erfahren könnten. Wenn ihr als gewohnheitsmäßiger Cannabis-Konsument eine Narkose erhalten sollt, sprecht mit eurem Narkosearzt (Anästhesisten) darüber, denn es ist gut, wenn er über alle Umstände informiert ist, die die notwendige Menge der Narkosemittel beeinflussen kann.

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