Dienstag, 7. Februar 2006

Tops und Flops

– Neues von der Hanfbauern-Messe

Ich habe einmal versucht, auf der „Highlife 2006“ die Spreu vom Weizen zu trennen und werde euch diesmal die (in meinen Augen) erwähnenswertesten Neuerungen im Grow-Bereich vorstellen. Und natürlich auch die größten Fakes.

Sehr erfreulich war zuerst einmal die Anwesenheit der ENCOD-Aktivisten, die für ihre neue Kampagne „Freedom to Farm” PR machten. Ziel dieser Initiative der Abgeordneten des Europäischen Parlaments ist es, „für alle erwachsenen Bürger weltweit natürliche Pflanzen für den Eigenbedarf und nichtkommerzielle Zwecke anzubauen und zu besitzen und alle dafür verfügbaren Hilfsmittel zu nutzen”. Ihr könnt euch die gesamte Kampagne unter www.encod.org anschauen, es lohnt sich.

Zu den diesjährigen Loosern gehören sicherlich die Energiesparlampen, allen voran diejenigen, die für die Blütephase angeboten werden. Es mag sicher interessant sein, so etwas bei Temperaturproblemen auf kleinstem Raum auszuprobieren, aber wer so tut, als ob man eine 400- oder gar 600-Watt-Natriumdampflampe gegen eine 125- oder 200-Watt-Energiesparleuchte mit Blühspektrum austauschen könnte, der lügt. Grüße an die Jungs von Kwekwand, es ist sicher nicht möglich, vier Quadratmeter Anbaufläche mit 4 x 125-Watt-CFL-Leuchten befriedigend zu bewirtschaften.
Viel interessanter war da schon der Gesamtsieger der Messe, pi-technics mit ihrem Pi-Rack. Hierbei handelt es sich um ein vertikales Grow-System, das vollkommen ohne Werkzeug zusammengesteckt werden kann. Die „kleine” Version misst zwei mal zwei Meter; eine komplette aeroponische Bewässerungsanlage und Spezialtöpfe werden mitgeliefert. Man kann bis zu drei Pi-Racks übereinander aufbauen, die Hebebühne für einen solchen Grow-Tower gibt es auf Wunsch dazu. Vielversprechend ist die gute Durchlüftung des Systems und die aeroponische Versorgung jeder einzelnen Pflanze, wobei die Nährlösung durch Schläuche sauber in ein Reservoir zurückgeführt wird. Der Clou des Ganzen: Das komplette System kann in vier Kartons frei Haus geliefert werden und ist Gardena-kompatibel.

Eine weitere Neuentwicklung sind die Spectrum-Reflex-Lampen. Das sind komplett neu entwickelte Leuchtstoffröhren, die mit einem Einsatz von 240 Watt gleiche Ergebnisse bringen sollen wie eine 400-Watt-Natriumdampflampe. Im Gegensatz zu den handelsüblichen Energiesparleuchten scheint es sich hier um eine echte Innovation zu handeln, da der Hersteller in Zusammenarbeit mit Philips nicht, wie bei den viel diskutierten Energiesparlampen, eine herkömmliche Leuchtstoffröhre „gebogen” hat, sondern das (Blüte-)Lichtspektrum und die Reflexionswerte des Spezial-Glases verbessert wurden. Unser Freund Henk will demnächst in Amsterdam ausprobieren, ob die Angaben wirklich stimmen – ich bin gespannt.

Der Future Garden von Grow-In-Berlin hat im Bereich der Kompakt-Systeme als kostengünstige Weiterentwicklung des Omega Gardens schon bei der ersten Präsentation eine Menge Neugierige angelockt. Das System funktioniert folgendermaßen: Die Pflanzen drehen sich um die Lichtquelle und werden dabei regelmäßig durch ein Reservoir mit Nährlösung gezogen. Es werden also die Vorteile eines vertikalen Systems, die volle Lichtausnutzung und die damit verbundene hohe Pflanzendichte auf geringer Stellfläche geboten, ohne dass die Pflanzen schräg wachsen. Außerdem müssen die Pflanzen durch die permanente, sehr langsame Rotation des Systems in alle Richtungen gegen die Schwerkraft arbeiten. Die Folge sind robuste, dicke Stängel, bei denen ein Abstützen der Blütenstände nicht notwendig wird.

Als Reinfall werte ich die Überpräsenz von Dünger-Herstellern, von denen die Hälfte aussah, als würde sie selbst von ihren Stimulanzen naschen. Gute Infos und Beratung gab es bei den alt Eingesessenen, aber so mancher Newcomer glaubt wohl, dass grelle Farben, Muskelpakete a la Arni, nackte Frauen und Bilder von Mega-Buds ausreichen, um neue Produkte anzupreisen. Fachkompetenz des Standpersonals wäre allerdings besser gewesen. Noch etwas: Jeder darf sich in der Branche „Bio” nennen, auch ohne Zertifizierung.

Nicht vergessen sollte ich natürlich Mila von der Pollinator Company mit ihrem neuen Bubblelator. Bei der Weiterentwicklung ihres Ice-O-Laters kommt eine Mini-Schleuder zum Einsatz, die die Harz-Ausbeute erstens viel effizienter macht und zweitens enorm beschleunigt. Henk hat das gute Stück schon für das Hanf Journal getestet und unserer Delegation ein kleines Stückchen des Resultats zur Vernichtung auf die Messe mitgebracht. Ein wahrhafter Hochgenuss. Ein Bericht darüber folgt in einer der nächsten Ausgaben. Außerdem hat Jorge Cervantes seine neue Growing-Bibel veröffentlicht. Umfassender als jemals zuvor wird hier geballtes Fachwissen auf über 500 Seiten zusammengetragen, ein absolutes Muss für jeden Indoor-Gärtner.
Ganz zum Schluss, weil es da auch hingehört: Ich wollte den Hersteller von Maxgrow- Energiesparleuchtmitteln an seinem Stand zu den oft widersprüchlichen Aussagen über die Leistungsfähigkeit seiner Blühleuchtmittel (4200 und 2100 Kelvin) befragen. Er war leider, wie so oft, nicht erreichbar und ließ sich von einem befreundeten Shop vertreten, mehr Infos als auf der spärlichen Website gab es leider auch dort nicht.
Alles in allem scheinen sich Anlagen, bei denen die Pflanzen um die Lichtquelle herum angeordnet sind, immer stärker durchzusetzen. In diesem Bereich gibt es auch die meisten Innovationen, ansonsten wird deutlich, dass auch die Kweker in den Niederlanden immer stärker mit polizeilicher Verfolgung rechnen müssen. Wohl auch deshalb rückt die immer professionellere Tarnung von Anlagen und die Reduzierung des Stromverbrauchs immer weiter in den Vordergrund. Doch auch davon ließen sich die Besucher und Aussteller nicht abschrecken und erschienen zahlreicher als je zuvor. Overgrow the Government, bis nächstes Jahr zur Highlife 2007 in Amsterdam.

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