Mittwoch, 24. Januar 2007

Koop: Koop Islands (compost records)

>> Jazz

Erstmals hörten wir sie auf der feinen Compilation „Companionship“ mit Jazz und Electronica aus Schweden, Dänemark und Norwegen. Das war 2002, und das damals gerade aktuelle Album blieb trotz über 160.000 verkaufter CDs weltweit ein Geheimtipp. „Jazz On!“ war damals ihr Fazit. Dass kurz danach allerdings das NuJazz-Land medial abgefackelt wurde, ist auch kein Geheimnis. Doch nieder mit Worthülsen und Freiheit der Assoziation. In musikhistorischen Kontexten gibt es ja glücklicherweise – im Gegensatz zur Mode – nicht nur Trendware auf dem Markt. Jeder darf sich aus dem schier unerschöpflichen Fundus das für ihn Passende aussuchen. Und wo „Waltz For Koop“ sich noch sehr in modernen Interpretationen beim 60er-Jahre-Jazz Schwedens und dessen Sängerinnen bediente, hat das neue Werk wenig mit der Romantisierung der Stockholmer Inseln zu tun. Die Inspiration für „Koop Islands“ liegt in der Karibik, und das Inselhopping funktioniert. Zum charakteristischen Vibe von Oscar Simonsson und Magnus Zingmark kommen jetzt Marimbas, wilde Dschungel-Drums und ein immer gegenwärtiger Cap Verde-Blues mit einer Prise Mento. Da würden die im europäischen Exil lebenden Insulaner zustimmend nicken. Ja, es geht zurück zum Swing der 30er, der Exotik vergessener Orchester und zu den Entertainern, die in den späten 40ern auf Jachtreisen nach Jamaika auftraten. Die Leichtigkeit der latino-amerikanischen Rhythmik gibt dem Sound einen eleganten Drive – nicht ausgelassen, aber fröhlich, nicht laut, aber vernehmbar, nicht ekstatisch, aber leidenschaftlich – und immer unvorhersehbar. Die norwegische Sängerin Ane Brun veredelt den Titelsong und Opener mit blues-betonter Stimme. Die hinreißende Yukimi Nagano liefert als begnadete Sängerin in „Come To Me“ 20er-Jahre-Charleston (beim faszinierenden Konzert im Berliner Babylon war das die umjubelte Zugabe), während sie bei „I See A Different You“ und „Whenever There Is You“ zu eklektischem Swing im verschneiten Stockholmer Stadtteil Södermalm auf ganzer Linie betört. Ex-Galliano Frontmann Rob Gallagher aka Earl Zinger darf auf „Forces … Darling“ und dem verzaubernden Spoken Word-Stück „Beyond The Son“ seine Poesie vortragen. Mikael Sundin bringt bei „Let’s Elope“ mit Calypso eine andere Komponente mit ins Spiel, und die instrumentalen Stücke „The Moonbounce” und „Drum Rhythm A“ (Music For Ballet Exercises) überzeugen ebenfalls. Ihre Musik bezeichnen Koop als weiblich. Das Machogehabe der Rockszene ist ihnen ein Gräuel, ebenso der damit verbundene Wunsch nach Authentizität. „Koop Islands“ ist ein Lob der Künstlichkeit und Vielschichtigkeit und setzt für 33 Minuten dem grauen Alltag die hellblaue Mütze auf. Außerdem mag ich Möwen.

www.koop-islands.com
www.compost-records.com

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