Freitag, 26. Januar 2007

Breitspiele im Dezember

Der Winter steht vor der Tür, die Tage werden kürzer und allzu oft geht dann auch die Laune den Bach runter. Gegen die Kälte und Dunkelheit kann man nichts tun – aber ein Spielchen mit guten Freunden sollte die Stimmung heben. Wir empfehlen euch in dieser Ausgabe „Imperial“ – den Nachfolger von „Antike“. Für alle Freunde der Dungeon-Spiele haben wir „Descent“ getestet. Die deutsche Ausgabe des Fantasy Flight Games-Spiels hat der Heidelberger Spieleverlag nach Essen mitgebracht, die erste Erweiterung gibt es auch schon, aber bisher nur in Englisch.

Strategie
Imperial


Wir befinden uns im Zeitalter des Imperialismus. Zwei bis sechs Spieler investieren in die sechs europäischen Großmächte Großbritannien, Deutsches Reich, Frankreich, Italien, Russland und Österreich-Ungarn, mit dem einen Ziel: Möglichst viel Geld in die Länder stecken, die am Ende die meiste Macht haben. Zuerst dachte ich, na ja gleiches Spielprinzip wie schon in dem Vorgänger „Antike“: Und doch ist „Imperial“ völlig anders. Die Spieler lenken nicht die Geschicke einer Großmacht, sondern können in alle sechs investieren – und wer einem Land die höchste Kreditsumme gegeben hat, wird Regierungschef und macht für das Land die Aktionen. Es versteht sich von selbst, dass er dabei vor allem an sich selbst denkt, um seine Privatkasse wieder aufzufüllen. Denn dieses Geld kann dann zu gegebener Zeit wieder investiert werden.

Zu Beginn des Spiels bekommt jeder Startkapital, das komplett in die Großmächte investiert wird, sodass zu Beginn des Spiels jeder Investor mindestens eine Großmacht kontrolliert. Das investierte Geld kommt in die Staatskasse des jeweiligen Landes. Jeder Staat besitzt außerdem zwei Fabriken, die Armeen und/oder Flotten produzieren. Und schon steht man vor der Wahl der Qual: Welche der sechs Aktionen zuerst?

Steuern? Bessern in der ersten Runde nur die Staatskasse auf. Es gilt: Fabriken und besetzte Seefelder und Landregionen bringen Geld in die Staatskasse und zwar umso mehr, je weniger Armeen und Flotten man hat. Steigen die Steuereinnahmen, bekommt auch der Spieler Geld. Außerdem klettern die Staaten auf der Zählleiste der Machtpunkte gemäß den Steuereinnahmen nach oben. Sobald ein Land das letzte Feld erreicht, ist das Spiel beendet. Je nach Position auf der Leiste nimmt jeder Spieler die vor ihm liegenden Zinsen der einzelnen Staaten mit einem Faktor von null bis fünf Mal und wer die meisten Zinsen kassiert, gewinnt.

Fabrik bauen? Kostet die Staatskasse Geld, bringt aber auch mehr Steuern und die sind nun mal spielentscheidend.

Produzieren? Kostet nichts und in jede Werft kann eine Flotte und in jede Waffenfabrik eine Armee gestellt werden. Solange Armeen und Flotten im Land sind, verteidigen sie die Fabriken.

Manöver? Geht im ersten Zug nicht, da man ja noch keine Flotten oder Armeen besitzt. Im weiteren Verlauf des Spiels breiten sich die Armeen und Flotten aus, erobern Landregionen und Seefelder, die den Staaten zusätzliche Steuereinnahmen bringen. Außerdem können gegnerische Fabriken blockiert oder gar zerstört werden, gegnerische Armeen/Flotten eliminiert werden. Allerdings verliert der Angreifer genauso viele Armeen beziehungsweise Flotten wie der Verteidiger.

Investor? Betritt ein Spieler das Investorfeld, bekommen alle, die in diese Großmacht investiert haben, Zinsen aus der Staatskasse. Insofern sie gefüllt ist, sonst muss der amtierende Regierungschef aus seiner Privatkasse zahlen. Die Zinsen gehen in die Privatkasse der entsprechenden Spieler. Und genau dieses Geld kann jetzt derjenige, der die Investorkarte hat, wieder investieren. Sollte ein Spieler in dieser Phase mehr in eine Großmacht stecken als der bisherige Regierungschef, kommt es zum Regierungswechsel. Und das geht nicht selten mit einer völlig anderen Politik einher: Aus Freund wird Feind. Die Investorkarte geht an den linken Nachbarn, der seinerseits investieren kann, sobald entweder eine Großmacht das Investorfeld betritt oder darüber hinwegläuft. Das investierte Geld landet natürlich in den jeweiligen Staatskassen.

Import? Bis zu drei Armeen und/oder Flotten können in der Heimatregion aufgestellt werden. Anders als bei der Produktion müssen die eingesetzten Armeen und Flotten aus der Staatskasse bezahlt werden.
Das waren die Aktionen, alles andere ist spätestens nach der ersten Partie klar und allzu viel soll im Vorfeld auch nicht verraten werden, nur soviel: Die Spieler brauchen viel Geld, um zu investieren. Die Steuereinnahmen und der Fortschritt auf der Machtleiste sind umso größer, je mehr Fabriken und besetzte See- und Landregionen die Großmacht hat. Je mehr Millionen durch Steuereinnahmen und Investitionen in der Staatskasse sind, umso häufiger können Zinszahlungen vorgenommen werden, die wiederum in den Privatkassen der Spieler landen, um wieder investiert zu werden …
„Imperial“ besticht dadurch, dass es – wie schon „Antike“ – ein reines Strategiespiel ohne Glücksfaktor ist. Das Aktionsrondell macht das Spiel flott. Und wirklich spaßig ist, dass man sich nicht nur um ein Land kümmern muss, sondern dass es darauf ankommt, möglichst überall seine Finger drin zu haben und aufs richtige Pferd bzw. die richtige Großmacht zu setzen. Dabei entwickelt sich jedes Spiel anders und alle sechs Großmächte haben die Chancen, am Ende ganz vorn zu stehen. Glück für die, die rechtzeitig investiert haben.
Fazit: Ich habe schon gerne „Antike“ gespielt – nach dem ersten Mal „Imperial“ stand für mich allerdings fest: „Antike“ wird wohl ab sofort im Regal Staub ansetzen. „Imperial“ ist ein Superspiel und wie sagte einer meiner Mitspieler: Vorsicht „Suchtgefahr“.

Note: 1+
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Dungeon-Spiel
„Descent“ – Die Reise ins Dunkel


Im Schein deiner Fackel kannst du gerade noch die Umrisse von Grey Ker, dem Dieb eurer Gruppe, und Jaes, der widerlichen Elfenhexe, erkennen. Ronan, euer Scout, ist vor einigen Augenblicken um die nächste Ecke geschlichen auf der Suche nach der verdammten Tür zur Schatzkammer. Du tastest zum wiederholten Mal nach dem Schlüssel, den du vorhin aus der Truhe der Tiermenschen erbeutet hast, als dich ein Geräusch aufhorchen lässt. Du wirbelst herum und im letzten Moment gelingt es dir dein Schwert hochzureißen und den wuchtigen Schlag eines gewaltigen Ogers abzuwehren …

„Descent“ – Die Reise ins Dunkel – ist ein Dungeon-Spiel für zwei bis vier mutige Abenteurer und einen Spielleiter (Overlord). Bei dieser in den 1970er-Jahren aus Amerika nach Europa geschwappten Spielegattung geht es darum, dass die Spieler ein Dungeon (Verlies) erkunden. Vorläufer von „Descent“ sind etwa „Dungeon“, das sehr erfolgreiche „Heroquest“ und „Doom“, das sich von „Descent“ nur insofern unterscheidet, als es in einem anderen Setting (Science Fiction) angesiedelt ist.

In verschiedenen fantasy-typischen Rollen müssen die Spieler die bösartigen Bewohner der verschiedenen Gewölbe besiegen, um ihre Aufträge erfolgreich abzuschließen. Diese nach einem Szenarioplan eingesetzten Bewohner können Skelettkrieger, Hexer, Höllenhunde oder gar Riesen und Drachen sein. Sie werden vom Spielleiter bewegt und dazu verwendet, den Abenteurern ihre jeweiligen Questen so schwierig und spannend wie möglich zu machen. Neben den Monstern gibt es natürlich auch alles andere, was man in einem Dungeon erwartet: Verschüttete Gänge, Fallgruben und überflutete Bereiche behindern die Bewegung aller Beteiligten. Rätsel, Ereignisse und nicht zuletzt Schätze sorgen für weitere Aufregung. Vor allem Gegenstände bringen die Helden auf Vordermann, was der Hauptanreiz des Spiels ist: Charakter hoch leveln. Sollte einem das Glück nicht hold sein, muss man in der Stadt die Fertigkeiten Nahkampf, Fernkampf und Zauberei für Gold trainieren. Die Stadt ist eine der Besonderheiten von „Descent“, denn man kann sie auch während einer Queste über Glyphen (Teleporter) erreichen und sich mit Heiltränken wieder fit machen oder seine Fertigkeiten verbessern, um ein besonders schreckliches Monster zu besiegen.

„Descent“ – Die Reise ins Dunkel – ist einer, wenn nicht der beste Vertreter der klassischen Dungeon-Spiele. Die Ausstattung ist eine Wucht. In der großen und sechs Kilo schweren Kiste sind Dutzende von gut gestalteten Monstern und Helden und auch das restliche Material ist äußerst ansehnlich. Leider gelingt es aber auch „Descent“ nicht, mit einem neuen Mechanismus aufzuwarten. Es wird immer noch getreu dem Motto „Tür auf – Monster tot“ munter auf alles, was in den Kellern kreucht und fleucht, eingedroschen. Aber „Descent“ verbindet viele gute Elemente der im Lauf der Jahre in diesem Segment auf den Markt gekommenen Spiele und hat auch einen nicht geringen Anteil neuer schöner Features. Für Fans und Neueinsteiger von Dungeon-Spielen ist „Descent“ ein Muss. Schon wegen der vielen Monster, die für den hohen Anschaffungspreis entschädigen.

Note. 3
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Imperial
Autor: Mac Gerdts
Verlag: Eggertspiele
Spieler: 2–6
Alter: ab 12
Dauer: mindesten 2 Stunden
Preis: 38 Euro

Descent – Die Reise ins Dunkel
Autor: Kevin Wilson
Verlag: Heidelberger Spieleverlag / Fantasy Flight Games
Spieler: 2–5
Alter: ab 12
Dauer: mindesten 3 Stunden
Preis: 60 Euro
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