Mittwoch, 7. Februar 2007

Rolys Silberscheiben des Monats Januar


V.A.: Elaste – Vol.1 (compost records)
>> Cosmic / Disco / Rare Groove

Italien, 1976: In einer luxuriösen Diskothek namens „Baia degli Angeli“ an der italienischen Adria-Küste spielen die amerikanischen DJs Bob und Tom jedes Wochenende die Scheiben, die in ihrer Heimatstadt NYC und im Loft gerade Geschichte schreiben. Nachdem das Baia aufgrund einer Drogenrazzia geschlossen wurde, begann der durch den Baia Sound inspirierte DJ Daniele Baldelli im Club „Cosmic“ die Platten zu drehen. Die funkigen Songs werden in perfekter Manier zwischen 80 bis 105 bpm gemischt, Afro mit deutschen Electronics, Bolero mit Delay-Effekten. Somit gleicht der Cosmic-Sound einem LSD-Trip mit wilden Percussion-Soli und 12“es auf 33 statt 45 rpm. Nach Kölns Karma mit ihrem folkigen Pop-Entwurf und Koops zweitem Album mit viel Yukimi Nagano an den Vocals verbeugt sich das Münchner Compost Label mit DJ Mooner’s Slow Motion Disco auf „Elaste Vol. 1“ vor der italienischen Cosmic Bewegung vor 25 Jahren. „Elaste“ war von 1980 bis 1986 ein etwa 110 Seiten dickes Hochglanz-Fanzine für Kultur und das, was man in den 80ern noch, ohne rot zu werden, Lifestyle nennen konnte: Kunst, Musik, Mode, Literatur, Architektur und Design. Gegründet von Thomas Elsner (Art Director, Designer und Fotograf), Christian Wegner (Fotograf) und dem Musikspezialisten Michael Reinboth (Compost Records), bot „Elaste“ Fotografen wie Ellen von Unwert, Sheila Rock und Jean Jacques Castres und Autoren wie Thomas Meinecke, Diederich Diederichsen und Kid P. ein großformatiges Forum. Des Weiteren gab es literarische wie visuelle Specials von und mit Rainald Goetz, Romuald Karmarkar, Moritz RRR (AtaTak), Blixa Bargeld, Kraftwerk, DAF, Andreas Dorau sowie exklusive Interviews mit Yello, Andy Warhol und Pedro Almodovar. Nicht nur eine ganze Reihe von Designauszeichnungen, sondern auch die Tatsache, in Sachen Lifestyle-Magazine lange vor „Wiener“ oder „Tempo“ auf dem Markt präsent gewesen zu sein, untermauert Elastes Status als Avantgarde in ihrem Sektor. Elaste wurde in die „Neue Sammlung der Pinakothek der Moderne“ in München aufgenommen, im April 2005 wurden Texte aus „Elaste“ im Haus der Kunst München präsentiert. Somit ist „Elaste“ auch heute immer noch lebendiges Zeitdokument. Die Wiederkehr der Ästhetik der 80er-Jahre in der Musik – Electro Pop, Wave, 80er-Disco und Post-Punk – und in einer Hinwendung zu ähnlichen Inhalten, Formen und Parolen veranlasste Michael Reinboth, den Bezug zu Heute in Form dieser Compilation-Serie und mit Maxi-Singles herzustellen. Darüber hinaus haben die Elaste-Gründer vor, 2007 eine ,Best Of Elaste’, zum Teil mit neuen Inhalten, herauszubringen. Die vorliegenden elf Tracks mit „Originals from the Cosmic Era“, die nicht unbedingt durch die Biegsamkeit ihrer Sounds bestechen, sondern durch eine elegante und fragile Statik und mithilfe wohltemperierter Arrangements eine fast schon mystische Schönheit erzeugen, machen jedenfalls Lust auf mehr!

www.compost-records.com

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Samy Deluxe: Deluxe von Kopf bis Fuss (deluxe records)
>> Hip Hop

Die A&Rs, die damals beim ersten Dynamite Deluxe Demo der Meinung waren, dass diesem Herrn aus Hamburg das gewisse Etwas fehlt, werden wohl inzwischen einem anderen Job nachgehen. Seit dem „Deluxe Soundsystem“ Album ist Samy Deluxe einer der populärsten Rapper Deutschlands, vom Künstler zum Geschäftsmann und Labelbesitzer gewachsen und versorgt seine Fans fortlaufend mit Mixtape-Output. Dies verringert zwar die Wartezeit auf ein neues Album, trotzdem warten natürlich alle gespannt auf den Nachfolger von „Verdammtnochma“. An Arbeitseifer scheint es im Hause Deluxe Records nicht zu fehlen, denn dort jagt ein Mixtape das Nächste. Aber ist ja auch kein Wunder, denn sowohl die alteingesessenen Headliners (auch „Das Album zum Film“ ist schwer zu empfehlen) als auch die Neuzugänge Manuellsen und Snaga & Pillath sind hungrig. Nun ist auch das neue Hamburgs Finest Mixtape „Deluxe von Kopf bis Fuss“ erschienen. Der Titel umschreibt natürlich (wie auch auf dem Cover ersichtlich) die Promotion für sein eigenes Cap von New Era und seinen Reebok Sneaker. Grund für die zweiwöchige Verschiebung ist die erst kurzfristige Aufnahme des Tracks „Ich sag“, auf dem zum ersten Mal alle zehn Deluxe Records Rapper zu hören sind. Produziert wurde dieses Highlight von Monroe, während sich für die anderen instrumentalen Grundlagen noch Tai Jason, Goofiesmackerz, Sinch, Fritz the Cat, Matbeats (DLX Beats), Fab Rider, Crada, Djorkaeff und Rob Easy verantwortlich zeigen. Das Mixtape liest sich wie eine Deluxe Records Compilation und kommt mit insgesamt 14 / 15 Tracks, darunter vorwiegend neues Material von Samy Deluxe, der aber auch mit Manuellsen, Snaga & Pillath, Blade, Illo, Ali A$ und die Headliners die neuen Acts nochmals vorstellt. Zum „Cap Song“ wurde ein Clip in Buffalo und New York gedreht, nachdem die Firma New Era den Big Baus in die heiligen Hallen der New Era Caps und den Flagship Store eingeladen hatten. Dieses Video ist samt Making Of auf dem Mixtape enthalten. Daneben erwartet euch ein unnachahmlicher Samy Deluxe, der mit intelligentem Wortwitz, unerreichter Technik und Kompetenz auf den neuesten Beats, der erfolgreichsten deutschen Produzentenliga, das Niveau eines Mixtapes auf ein neues, unerreichtes Level hievt. Ein Euro pro verkaufter CD geht übrigens an die Deutsche Aidshilfe und die Deutsche Aidsstiftung, die Samy bei ihrer aktuellen Kampagne zum Welt-Aids-Tag unterstützt! Und wenn ich richtig informiert bin, sollte im Frühling sein neues Soloalbum erscheinen. Große Dinge werfen ihre Schatten nunmal voraus, und dieser Soundtrack zum Deluxe-Lifestyle ist Hip Hop der Spitzenklasse!

www.samydeluxe.com
www.hamburgsfinest.de

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Octave One feat. Random Noise Generation: Off The Grid (tresor records)
>> Techno

Die Motor City in Michigan hat viele Kinder zur Welt gebracht: Diana Ross, Aretha Franklin, The Temptations, Alice Cooper, Eminem und Xzibit, aber auch Juan Atkins, Derrick May, Mike Banks, Carl Craig und Richie Hawtin. Der Tresor Club in Berlin ist eine Legende, und das hauseigene Label hat seit 1991 vor allem Künstlern wie Jeff Mills, Robert Hood und Blake Baxter eine Plattform geboten und war daher maßgeblich an der Entwicklung von Detroit Techno beteiligt. Diese Abfolge von Sound-Experimenten trotzt der Logik der einfachen und unkomplizierten Dance-Sounds wie Chicago House. Derrick May wandte sich immer wieder gegen die Unwissenheit der Geschichte und der Herkunft des Techno: „Die Philosophie, die seit Beginn hinter dem Begriff Techno aus Detroit steht, meint Individualität, Innovation, to be first and on top, und befindet sich in erklärtem Gegensatz zu dem, was wir schon immer unter bürgerlichem Konformismus verstanden haben, unter Industriedienlichkeit und Kommerzialisierung. Techno sollte den Menschen eine Alternative sein.“ Detroit Techno ist ein hypnotisierender Untergrund von neuer Musik, der in die Zukunft blickt, mit der Vergangenheit bricht und europäischen Industrial-Pop mit schwarzem US-amerikanischen Garage Funk mischt. So schreien auch 15 Jahre später bei der mittlerweile 227.Veröffentlichung viele Fans: „Detroit !“ Die exklusive Kollaboration zwischen Tresor Records und 430 West bringt neuen Fahrtwind auf die Techno-Autobahn Detroit-Berlin, denn mit „Off the Grid” haben Lenny und Lawrence Burden als Octave One ein Projekt für den audiovisuellen Genuss geschaffen. Die vorliegende DVD ist ein Clubkonzertfilm, das Resultat der musikalischen Arbeit auch der anderen Burden Brothers Lance, Lorn und Lynell (alle zusammen sind sie Octave One feat Random Noise Generation) und natürlich der filmischen Arbeit verschiedener Kameramänner und internationaler Videoproduzenten, die während ihrer Perfomances, u.a. in Glasgow, Leipzig, Berlin und Austin Bilder geschaffen und eingefangen haben. Die neuen und bearbeiteten Tracks waren bisher ausschließlich auf den Konzerten zu hören und sind in diesen Versionen alle unveröffentlicht: auf der DVD live, auf der CD als Mischung aus neuem Album und „Best Of” Octave One in überarbeiteten Studioversionen. Nach dem Ambient-Intro „Tears” geht’s mit „The Third Degree” gleich hitverdächtig nach vorne, wobei mir das perkussive „Headrush“ noch viel besser gefällt. Auch der Reconstruction Mix von „Empower“ groovt sehr angenehm, bevor „The Oddasee” mit electrospacigem Vibe schön trippy daher kommt. „Love and Hate”, „Mind’s Reality” und „Wiretaps“ ist Detroit Sound vom Feinsten, der energetische Titeltrack „Off The Grid” mischt alles auf, und nach dem deepen „Daystar Rise Again” wird’s mit „Rock My Dub” nochmal sehr funky. Die DVD liefert noch einen Video Clip von „Black On Black“ und eine Live Performance von „Blackwater“ mit Ann Saunderson auf dem Fusion Festival 2005 sowie Bonustrailer und Infos. Das Paket ist also perfekt geschnürt. „Off The Grid“ – eine Konzert-Dokumentation wie sie im elektronischen Bereich in dieser Form selten möglich ist, denn nur wenige Acts spielen ausschließlich live und noch weniger erreichen den qualitativen Standard der Burden Brothers.

www.octaveone.com
www.tresorberlin.de

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Sick and Twisted – Revenge Of The Evil Shorts
>> DVD-Special

Der finnische Beitrag „Rare Exports“ löste 2003 einen Hype in Finnland aus und verbreitete sich so rasend schnell, dass die Website zum Film im Startjahr zu den meistbesuchten Seiten Finnlands zählte (Platz 7). Vor allem auf Horror- und Fantasyfestivals bereits mit Dutzenden von Preisen überhäuft, hat das Berliner DVD-Label „Kurtsfilme“ mittlerweile eine Kompilation internationaler Kurzfilm-Highlights veröffentlicht, die sich mit kranken Ideen, viel schwarzem Humor und spaßigem Splatter den wirklich wichtigen Fragen zuwendet. Wie kommen eigentlich die vielen Weihnachtsmänner in unsere Kaufhäuser? Was hätte einer animierte Tierversuchs-Ratte zu sagen, nachdem man ihr das Fell abgezogen hat? Wie geht man mit blutigen Haushaltsunfällen um? Was kann passieren, wenn man zu lange zögert, die Zufallsbekanntschaft in der U-Bahn anzusprechen? Welche Gefahren bergen Reißverschlusstaschen, die direkt am Körper angebracht sind? Wie verständigen sich Kleingangsterverschiedener Nationalitäten? Und tut Gott wirklich nichts für die Armen? Diese Fragen werden in 14 ausgewählten Kurzfilmen aus sieben Ländern in den insgesamt 140 Minuten beantwortet. Wer bei Sätzen wie „Benutze alberne Clowns mit Penner“ feuchte Augen bekommt, für den ist „Loading“ ein absolutes Muss. Der Gewinnerfilm des Berlin36-Festivals ist eine Hommage an die alten Adventure-Spiele der C64 Ära. Hauptfigur Manne muss hinter die Grüne Tür gelangen und sich dafür in der Adventure-Landschaft Berlins mit Kettensägen, Clowns, Juckpulver und Boxhandschuhen durchpuzzeln. Zum „Kaffee trinken“ mit einer heissen Lady aus der U-Bahn sollte man sich auch etwas schneller verabreden, sonst verliert man am Ende nicht nur sein Herz. Ja, es gibt gute und schlechte Tage. Schlechte sind die, an denen man als schwarzer Weihnachtsmann seine Tochter aus dem Bauch eines Kannibalen-Cops befreien muss, als gehäutete Ratte wieder zum Leben erweckt wird, man von wütenden Killer-Baguettes verfolgt wird oder eine lebendige Maus in seinem Körper hat. „Sick and Twisted“ ist ein Feuerwerk kranker Ideen. Die DVD versammelt die erfolgreichsten internationalen Shortmovie-Produktionen dieser Kategorie auf einer einmaligen Zusammenstellung. Schwarz, splattrig und angenehm krank.

www.kurtsfilme.de

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