Freitag, 1. Juni 2007

THC verpasst Top Ten

Britische Forscher erstellen eine Rangliste über das Gefahrenpotential von Drogen –
Alkohol und Nikotin weit vorne

Die Britische Psychiater, Epidemologen, Chemiker und Forensiker fordern ein grundlegendes Umdenken in der Drogenpolitik.

Zwei unabhängig voneinander arbeitende Gruppen von insgesamt 40 Forschern der Universität von Bristol kamen übereinstimmend folgendem Ergebnis: Heroin ist die gefährlichste Droge unserer Zeit, gefolgt von Kokain und Barbituraten. Alkohol liegt auf Platz fünf der inoffiziellen „Drogenrangliste“, Tabak belegt Platz neun. Hanfprodukte liegen im hinteren Mittelfeld auf Platz elf, Ectasy wir mit Platz 18 ein relativ geringes Gefährdungspotential zugeordnet. Zur Erstellung der Rangliste dienten neun verschiedene Gefahren des Missbrauchs von legalen und illegalen Drogen als Kriterium: körperliche Schäden, wie etwa der plötzliche Tod durch überdosiertes Heroin, die Gefahr körperlicher oder psychischer Abhängigkeit, Folgen für das soziale Umfeld, sowie die Kosten für das öffentliche Gesundheitssystem.

“Das momentane System (Anm. des Redakteurs: der Einstufung von Drogen) ist durchweg krank und willkürlich”, aüßerte der Leiter der Studie, David Nutt, gegenüber der Nachrichtenagentur AP, „dass der Konsum von Alkohol und Nikotin legalisiert ist, erscheint aus wissenschaftlicher Sicht vollkommen beliebig“.

Die Grund, warum vor allen Dingen Alkohol ein solch hohes Gesundsheitsrisiko aufweist, liegt hauptsächlich an den Langzeitschäden, die die Volksdroge Nummer eins hervorruft.
Bei uns sterben Jahr für Jahr 42.000 Menschen an den Folgen übermäßigen Alkoholgenusses, das Rauchen kostet jährlich 111.000 Menschen das Leben. Demgegenüber forderten illegale Drogen letztes Jahr 1352 Menschenleben, Tendenz fallend. Der Nichtraucherschutz, in den die meisten europäischen Länder mittlerweile vehement betrieben, wird bei uns nur halbherzig durchgesetzt. Hier geht es immerhin nicht darum, irgendjemanden sein Zigarettchen verbieten zu wollen, sondern Unbeteiligte zu schützen. Man stelle sich vor, wir HanfaktivistInnen forderten das Recht, dort zu kiffen, wo sich andere belästigt fühlen könnten oder gar unsere Abluft inhalieren müssten. Wahrscheinlich würden wir der Körperverletzung oder der Verführung Minderjähriger bezichtigt. Jedem Tierchen sein Plaisirchen, aber bitte ohne andere einzuschränken.

Das einzige Manko der Studie: die Spitzenreiter, Heroin und Kokain, belegen ihre Spitzenposition vor allen Dingen aus zwei Gründen: bei den gesundheitlichen Schäden spielen die Streckmittel oft eine größere Rolle als der Stoff selbst. Die Beschaffungskriminalität hat immense Auswirkungen auf das soziale Umfeld.

„Die Gefahren des Konsums von Alkohol und Nikotin werden völlig unterschätzt“, sagte Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie der Berliner Charité der „Süddeutschen“, betrachtet man allein medizinische Kriterien, müsste Nikotin auf Platz eins und Alkohol auf Platz zwei der Liste stehen.“

Auch Methadon, eine Erfindung hilfloser Gesundheitspolitiker angesichts des Heroinproblems in den 1980er und 90er Jahren, belegt einen Spitzenplatz. Zur Einführung von Methadon hieß es noch, es sei „viel harmloser“ als Heroin und biete den Süchtigen die Möglichkeit, nach dem Ausstieg aus der Szene vollkommen „clean“ zu werden. So etwas klingt geradezu lächerlich aus heutiger Sicht, die Methadon Behandlung hat sich als problematisch erwiesen. Das hat mittlerweile selbst Sabine Bätzing mitbekommen und sucht nach neuen Wegen, Stichwort Druckräume.

David Nutt fordert angesichts der Ergebnisse ein drogenpolitisches Umdenken in Regierungskreisen und schlägt vor, das Gestze„… in Zukunft auf sachlichen Beurteilungen und nicht auf Vorurteilen und Annahmen basieren.“ Der Forscher denkt an ein Klassifikationssystem, bei dem Experten zur Gefahreneinschätzung einer Droge herangezogen werden. Ein solches Bewertungssystem sei transparenter und geeigneter als die derzeitige Praxis.

Laut Süddeutscher Zeitung nimmt das Bundesgesundheitsministerium die neue Studie ernst und hat vor, sie nun auf ihre wissenschaftliche Stichhaltigkeit prüfen. Wir warten, Frau Bätzing.

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