Freitag, 2. November 2007

Über Drogentests auf Cannabis und wie sie verfälscht werden können (II)

Dieser Artikel ist der zweite Beitrag einer dreiteiligen Serie. In der nächsten Ausgabe wird über die Wirksamkeit von käuflichen Produkten zur Manipulation des Urins sowie über die Beeinflussung des THC-Nachweises in anderen Körperflüssigkeiten und Haaren berichtet.

Nachweismethoden für THC und seine Stoffwechselprodukte
Meistens werden bei der Untersuchung von Urin, Schweiß oder Speichel zunächst so genannte “Screeningtests” durchgeführt, meistens als Immunoassay. Diese Tests sollen vor allem die Frage beantworten, ob überhaupt eine bestimmte Droge eingenommen wurde. Häufig können die Testsätze mehrere Drogen gleichzeitig nachweisen. Screeningtests, wie beispielsweise der EMIT (= enzyme multiplied immunoassay technique), sind preiswert, dafür aber weniger genau als Untersuchungsverfahren, die verwendet werden, um die Konzentration einer bestimmten Substanz zu ermitteln. Screeningtests werden mit einem bestimmten Grenzwert (“Cut-off”) verwendet, um der Ungenauigkeit Rechnung zu tragen und nicht zu viele falsch positive Tests zu haben. “Falsch-positiv” bedeutet ein Anschlagen des Tests, obwohl die Substanz gar nicht vorhanden ist. Im Allgemeinen verläuft der Test im Urin negativ (= ohne Nachweis der Substanz), wenn nur ein- bis zweimal pro Woche geraucht und ein bis zwei Tage vor dem Test nicht konsumiert wurde.
Fällt ein Screeningtest positiv aus, so wird zur Bestätigung und zur Bestimmung der genauen Konzentration ein zuverlässigeres Verfahren verwendet. Meistens ist dies eine GC/MS (= Gaschromatographie/Massenspektrometrie), manchmal auch eine HPLC (= Hochleistungsflüssigkeitschromatographie). Diese Tests werden grundsätzlich auch verwendet, wenn Blut oder Haare auf THC oder THC-Abbauprodukte untersucht werden. Auch diese Tests sind nicht exakt, auch wenn die Analyseinstitute dies nicht gern zugeben. Ringversuche der deutschen Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie aus dem Jahre 2005 in deutschen Labors haben Abweichungen von zum Teil mehr als 50 Prozent von der korrekten THC-Konzentration im Blutserum ergeben.

Mögliche Ursachen für positive Tests ohne Drogenkonsum
Werden THC oder seine Abbauprodukte nachgewiesen, so behaupten die Betroffenen gelegentlich, sie hätten Lebensmittel auf Hanfbasis konsumiert oder seien passiv Cannabisrauch ausgesetzt gewesen. In den 90er Jahren wies vor allem Hanföl nicht selten so hohe THC-Konzentrationen auf, dass nach dem Konsum solcher Produkte Tests auf THC positiv ausfielen. Allerdings haben die Hersteller darauf reagiert, und die heutigen Produkte enthalten so geringe THC-Mengen, dass solche Behauptungen heute im Allgemeinen nicht mehr glaubhaft sind. Zudem müsste der Betroffene angeben, welches Produkt er in welchen Mengen verwendet hat, und ein Schwindler wird spätestens dann als solcher entlarvt, wenn die THC-Konzentrationen im Produkt nicht zu den nachgewiesenen Konzentrationen in einer biologischen Flüssigkeit passen. Passiver Cannabiskonsum kann zu nachweisbaren THC-Konzentrationen in Blut und Urin führen, allerdings nur unter extremen Bedingungen und für eine vergleichsweise kurze Zeit. Eine solche extreme Bedingung liegt beispielsweise vor, wenn ein Autofahrer mit drei Personen, die während der Heimfahrt aus den Niederlanden Cannabis konsumierten, unterwegs ist, da wegen des geringen Gesamtluftvolumens im Auto eine so hohe THC-Konzentration entstehen kann, dass auch der nicht konsumierende Fahrer nachweisbare THC-Mengen passiv inhalieren konnte. Behauptungen, der THC-Nachweis beruhe auf Hanflebensmitteln oder Passivkonsum werden heute im Allgemeinen als unglaubwürdige Schutzbehauptungen betrachtet, auch wenn dies im Einzelfall zutreffen kann.

Verdünnung des Urins
Ein häufiges Verfahren zur Manipulation von Urintests besteht in der Verdünnung des Urins. Eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme führt zu Verdünnungsef­fekten, so dass auch die THC-COOH-Konzentration vermindert wird und unter die Nachweisgrenze (“Cut-off”) sinken kann. Es werden jedoch auch andere normalerweise im Urin gefundene natürliche Substanzen verdünnt — wie etwa die Krea­tinin-Konzentration — und das spezifische Gewicht des Urins vermindert, so dass eine übermäßig starke Flüssigkeitsaufnahme entdeckt werden kann. Außerdem sieht der Urin bei einer starken Verdünnung sehr hell aus, so dass bereits vom äußeren Anschein leicht der Verdacht auf eine Verdünnung entsteht. Durch Einnahme großer Mengen an Vitamin B2 (50 bis 100 Milligramm), das als Bestandteil von B-Vitaminprodukten im Supermarkt oder Drogerien erworben werden kann, behält der Urin auch verdünnt eine gelbe Farbe. Durch Einnahme von Kreatin (zwei bis drei Tage vor dem Test 10 Gramm täglich), das in der Apotheke erhältlich ist, kann verhindert werden, dass die Kreatinin-Konzentration in verdünntem Urin stark abfällt. Kreatin wird beispielsweise als Nahrungsergänzungsmittel von Bodybuildern eingenommen oder in der Medizin bei Muskelerkrankungen (Muskeldystrophie) eingesetzt.
Je mehr getrunken und je mehr Urin ausgeschieden wird, um so größer ist der Verdünnungseffekt. Um die Urinausscheidung zu fördern, werden häufig Entwässerungsmittel (Diuretika) eingesetzt, die beispielsweise auch zur Therapie des Bluthochdrucks verwendet werden. Die entsprechenden Medikamente müssen allerdings vom Arzt verschrieben werden. Schwache Entwässerungsmittel sind Kaffee, Cranberry-Saft (aus dem Reformhaus) sowie verschiedene andere pflanzliche Entwässerungsmittel aus der Drogerie. Ist ein Urintest sehr kurzfristig angesetzt, so werden von Cannabiskonsumenten gelegentlich starke Diuretika, wie beispielsweise Lasix (40 Milligramm) eingesetzt. Sie nehmen das Medikament ein, trinken so viel Wasser wie möglich, lassen zwei- bis dreimal Urin und machen dann den Test. Bei der Einnahme von Medikamenten ist allerdings Vorsicht geboten, da sie in bestimmten Fällen (Schwangerschaft, Stillzeit, schwerer Leber- oder Nierenschaden, keine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Kaliummangel) nicht eingenommen werden sollen. Der erste Morgenurin ist am konzentriertesten und enthält daher auch die größten Konzentrationen an THC-COOH.

Fortsetzung dieses Beitrags im nächsten Heft

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