Freitag, 28. Dezember 2007

Feuer auf Sabine Bätzing

Die absurde Logik der Sabine Bätzing

Anlässlich der Vorstellung der Jahresberichte zur Drogensituation in Deutschland und Europa der deutschen und der europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD und EBDD) erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing gemäß ihrer Pressemitteilung vom 27. November 2007: „Aktuelle Untersuchungsergebnisse für Deutschland zeigen, dass Erwachsene weniger Drogen nehmen als früher. Nur noch rund 3% haben innerhalb des letzten Monats Drogen konsumiert. Auch bei Jugendlichen sinkt der Drogenkonsum. Am deutlichsten wird das beim Konsum von Cannabis: Nur noch 13% der 14-17-jährigen haben 2007 zumindest einmal Haschisch oder Marihuana probiert. 2004 waren das noch 22% in dieser Altersgruppe. Auffällig ist dagegen, dass sich die Zahlen der regelmäßigen Konsumenten von Cannabis wenig verändert haben. In der Altersgruppe der 14-17-jährigen liegt der Anteil aktuell bei 3,3%, bei den 18-64 jährigen bei 2,2%.“
Die Zahlen betreff regelmäßige Konsumenten von Cannabis haben sich tatsächlich in den letzten Jahren für diese Altersgruppe wenig verändert. Von 2004 bis 2007 stieg der Anteil derer, die mehr als 10 Mal innerhalb des letzten Jahres Cannabis konsumierten, nur geringfügig von 2,0% auf 2,3%. Bemerkenswert erscheint jedoch, dass im untersuchten Zeitraum trotz einer Abnahme um 41% des Anteils derer, die zumindest einmal in ihrem Leben Cannabis konsumierten, der Anteil derer, die mehr als 10 Mal innerhalb des letzten Jahres Cannabis konsumierten, um 15% angestiegen ist. Diese Tatsache lässt den Schluss zu, dass die Zahl der regelmäßigen Konsumenten keine Variable – das heisst nicht abhängig ist – von der Zahl der Personen, die Cannabis mindestens einmal im Leben probiert haben (Lebenszeitprävalenz).
Auch frühere Studien belegen, dass die Höhe der Lebenszeitprävalenz (mindestens einmal im Leben konsumiert) beim Drogenkonsum kein Indikator für die Größe der Monatsprävalenz (mindestens einmal im letzten Monat konsumiert) ist. Beispielsweise zeigen die Drogenaffinitätsstudien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), dass die Lebenszeitprävalenz des allgemeinen Konsums illegalisierter Drogen von 2001 bis 2004 in der Altersgruppe der 12- bis 25-jährigen von 27% auf 32% um etwa 20% angestiegen war, der gegenwärtige Konsum jedoch bei 5% unverändert blieb. Und gemäß Jahresberichte des DBDD stieg die Lebenszeitprävalenz des Konsums illegalisierter Drogen von 2000 bis 2006 in der Altersgruppe der 18- bis 59-jährigen von 19,8% auf 25,4% um etwa 28%, der gegenwärtige Konsum sank jedoch im gleichen Zeitraum von 3,3% auf 2,7%, was einer Verringerung von etwa 20% gleichkommt.
Maßnahmen, die auf eine Verringerung des Probierkonsums abzielen, also so genannte „primär präventive Maßnahmen“, scheinen generell nicht geeignet zu sein, Menschen vom Dauerkonsum bestimmter psychotroper Substanzen abzuhalten, da die Zahl der Dauerkonsumenten keine Variable von der Zahl der probeweise konsumierenden Menschen ist. Somit scheinen die bisher ergriffenen primär präventiven Maßnahmen im gesamtgesellschaftlichen Bezug bezüglich Schadensminderung weder evident noch effizient zu sein, da vom Probierkonsum im allgemeinen keine Gefahr für die Konsumenten zu beobachten ist, sondern dies nur bei Dauerkonsumenten der Fall ist…
… Der schadensmindernde Effekt von primär präventiven Maßnahmen erscheint somit eher marginal zu sein, wenn er überhaupt nachgewiesen werden kann.
Maßnahmen, die auf eine Verringerung des aktuellen Konsums psychotroper Substanzen wie Cannabis abzielen, wie die Beratungs- und Behandlungsprogramme „realize it!“, „Candis“ oder „Incant“, also so genannte „sekundär präventive Maßnahmen“, oder auch das internetbasierte Ausstiegsprogramms „quit the shit“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) mögen zwar im Einzelfall erfolgreich sein, doch im gesamtgesellschaftlichen Bezug sind auch diese Programme – zumindest bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – nicht effizient, da die Zahl der jugendlichen Dauerkonsumenten von Cannabis mit Hilfe dieser Programme nicht reduziert werden konnte. Die Beratungs- und Behandlungsprogramme „realize it!“, „Candis“, „Incant“ oder „quit the shit“ haben auf jeden Fall keinen Einfluss auf die Größe der Lebenszeitprävalenz des Konsums von Cannabis, da sie für Menschen geschaffen wurden, die bereits Cannabis konsumieren. Der Erfolg dieser Programme kann deshalb nicht an der Größe der Lebenszeitprävalenz gemessen werden. Doch genau dies tat Sabine Bätzing in ihrer Pressemitteilung vom 27. November 2007. Obwohl Bätzing die Auffälligkeit bemerkte, dass sich die Zahlen der regelmäßigen Konsumenten von Cannabis wenig verändert haben, stellte sie fest, dass die Bundesregierung auf einem guten Kurs sei und erwähnte dabei die vorgenannten Beratungs- und Behandlungsprogramme.
Die Datenlage lässt jedenfalls nicht den Schluss zu, dass diese Programme einen messbaren Effekt auf das Verhalten vieler Leute haben – die Zahl der Dauerkonsumenten ist jedenfalls durch die Programme nicht gesunken und auf die Zahl der Probierer und Gelegenheitskonsumenten, die gesunken ist, haben diese Programme keinen Einfluss. Es ist deshalb absurd, den Erfolg dieser Programme mit einer gesunkenen Lebenszeitprävalenz zu verknüpfen. Doch für Sabine Bätzing scheint dies irrelevant zu sein, sie vermeidet eine logische Datenanalyse und verfällt volkommen der Versuchung, vor allem das Handeln der Bundesregierung in einem guten Licht erscheinen zu lassen.
Wenn das internetbasierte Ausstiegsprogramms „quit the shit“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sehr erfolgreich war und 30 Prozent der Teilnehmer drei Monate nach Abschluss des Programms keinen Konsum mehr aufwiesen und die Personen, die weiter konsumierten, ihren Konsum deutlich reduziert hatten, dann hätte sich über die Jahre hinweg eine Reduktion der Dauerkonsumenten bemerkbar machen müssen. Da dies jedoch nicht der Fall ist, scheint auch das Ausstiegsprogramms „quit the shit“ nur eine marginale Erscheinung (Randerscheinung) am Kifferhimmel zu sein. Sabine Bätzing stellte fest: „Mit diesem Angebot erreichen wir zahlreiche Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten, die Drogenhilfeangebote bisher gar nicht oder erst sehr spät in Anspruch nehmen.“ Sie stellte jedoch nicht fest, dass mit diesem Angebot das Verhalten von Dauerkonsumenten im Großen und Ganzen nicht beeinflusst werden kann, da sich ihre Zahl aufgrund des selbigen nicht nachweislich verringert hat, sondern im Gegenteil, zugenommen hat.

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