Freitag, 5. September 2008

Cannabis College Report

„Der Besitz und der Genuss von Cannabis sollte keine Straftat sondern ein Menschenrecht sein.“

Der Himmel über Amsterdam ist mit Wolken bedeckt, der Wind pfeift um die Ohren und das Thermometer zeigt eine Außentemperatur von 16 Grad an. Ein perfekter Sommertag in Holland für einen Besuch im Cannabis College.
Ich habe mich mit Lorna, der Managerin des Cannabis Colleges, getroffen, um mir einen besseren Eindruck vom College, dessen wunderschönem Cannabisgarten und den Zielen dieser für wohl alle Freunde des Krauts wichtigen Institution zu verschaffen.
Nachdem Lorna ihr Studium in England abschloss, packte sie erst einmal ihre Koffer und ist durch Europa gereist bis sie schließlich ihr neues Zuhause in Amsterdam gefunden hat. Da sie sich bereits seit ihrem 15. Lebensjahr aktiv für die Aufklärung über Marihuana einsetzt, lag es nahe, dass sie als freiwilliger Helfer beim Cannabis College ihre Aufgabe fand. Mittlerweile ist das College so etwas wie ein fester Touristen- und Aktivistentreffpunkt in der Stadt geworden. Und das ist gut so.

Der Garten
Zur Zeit gibt es vier prächtige, große, mitten in der Blüte stehende Sativapflanzen im Garten, deren Spitzen fast an die Decke reichen. Eine wahrliche Pracht für jeden Pflanzenliebhaber, Botaniker oder Genießer des lieblichen Krauts. Alle Pflanzen stehen in jeweils etwa 80l großen Kübeln, wachsen auf Erde und vernünftigerweise wird ausschließlich organischer Dünger verwendet. Drei der Pflanzen befinden sich im offenen Besucherraum und werden mit jeweils einer 600W HPS beleuchtet, wohingegen die vierte Pflanze in einer eigenen Growbox in den Genuss eines Einzelzimmers kommt und gleich mit drei 400W HPS Lampen ihr nötiges Licht erhält. Das Herz eines jeden Kiffers schlägt sofort höher beim Anblick dieser Pflanzenpracht und dem leckeren Aroma, das in der Luft hängt. Auch dieser Garten wird nicht immer vor Schädlingen verschont, aber bei so vielen täglichen Besuchern des Gartens ist dies sicher auch schwer zu vermeiden.
Einen guten Tipp für unsere Leser und jeden Ganjafarmer wollte sie aber aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung auf jeden Fall loswerden: Keep it simple! Ihrer Meinung nach ist es am sinnvollsten, den natürlichen Zyklus der Pflanze nicht zu sehr zu stören. Die Verwendung von organischem Dünger ist für sie ebenso selbstverständlich wie eine sechsstündige Dunkelphase während der vegetativen Phase, statt wie manch anderer Farmer die Lampen auf 24/0 zu setzen, also in der Vegetation konstant anzulassen, denn „Pflanzen brauchen eine tägliche Regenerationsphase.“ Als Schädlingsbekämpfer setzt sie auf natürliche Feinde statt auf Chemie, was aufgrund der Tatsache, dass man einen leckeren, angenehmen und nicht im Hals kratzenden Rauch genießen möchte, Sinn macht. Leider schwören die meisten Ganjabauern in Holland immer noch auf chemische Substanzen im Umgang mit ihren Pflanzen, und das Resultat kann man am Kraut vieler lokaler Coffeeshops schmecken.
Neben dem Ganjagarten klärt das Cannabis College deren Besucher insbesondere über die Nutzung und dessen Potential von Hanf für die Zukunft auf. Hättest Du zum Beispiel gewusst, das die amerikanische Dollarnote, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und viele andere bedeutende Dokumente auf Hanfpapier gedruckt wurden? Politisches Engagement ist heutzutage nötiger denn je und so mag es einem wunderlich erscheinen, oder aber auch wieder nicht, dass in den Vereinigten Staaten mehr Menschen hinter Gittern sind aufgrund irgendwelcher Cannabisdelikte als die Anzahl der gesamten Gefängnispopulation in Europa. Man muss sich ernsthaft die Frage stellen, wie es überhaupt zu solch menschenfeindlichen und intoleranten Gesetzen kommen konnte. Eine vernünftige, auf Fakten basierende Erklärung gibt es hierfür leider nicht. Somit ist es ein ebenso großes Anliegen des Colleges nicht nur über die Gefahren oder Auswirkungen des Konsums von Cannabis aufzuklären, sondern eben auch über die Gefahren, die vom Gesetzgeber ausgehen und dessen oftmals rücksichtsloses und verantwortungsloses Verhalten, welches einfach nur willkürlich gegen friedliche Freunde des gelben Rauchs eingesetzt wird.

Cannabis als Medizin
Natürlich wollte ich von Lorna als erfahrene Insiderin wissen, wie es mit der medizinischen Anwendung von Cannabis aussieht. Zweifellos sind die medizinischen Eigenschaften des Krauts in vielen Formen und gegen sehr unterschiedliche Symptome anwendbar. So empfiehlt sie Indicas als Schmerzmittel oder gegen Schlaflosigkeit, wie beispielsweise Afghan oder Hindu Kush. Bei Essstörungen oder Übelkeit stehen Sativas wie Haze , Thai oder Diesel ganz oben auf der Liste. Auf eine übermäßige Dosierung sei hingewiesen und sie empfiehlt eine Dosierung von 0,2g. Genau die Menge, die bei den meisten kein wirklich großes High- oder Stoned-Gefühl hervorruft, aber die Wirkstoffe der Cannabidoide ihre natürliche Wirkung entfalten. Es wird Zeit, dass diese Medizin endlich wieder den Stellenwert in unserer Gesellschaft einnimmt den sie bis vor 80 Jahren immer schon bei den Menschen hatte. Im letzten Jahrhundert wurde ironischerweise genau diese natürliche Medizin von den herrschenden Regierungen als Instrument des Teufels verdammt und diese Einstellung wurde fast weltweit übernommen. Vielleicht ist es einfach an der Zeit Menschen, die in keiner Weise eine Gefahr für sich, andere oder die Gesellschaft als solches darstellen, verantwortungsbewusst über ihr eigenes Leben bestimmen zu lassen und die Entscheidung für sich persönlich zu treffen und nicht irgendeiner Regierung zu überlassen.

Cannabis als politisches Instrument
So waren es wieder einmal Gesetze, die völlige Willkür walten ließen und 1998 den Garten des Cannabis Colleges von über 100 Pflanzen auf leider nur noch maximal 5 Pflanzen limitiert haben. Bis dahin war es laut Gesetz in den Niederlanden nämlich ganz legal, dass jede Person 5 Pflanzen outdoor wachsen lassen durfte. Mit bis zu 30 freiwilligen Helfern im College hatte also jeder ein paar Pflanzen, die den Garten sprießen ließen. Die speziell für das College geltende Ausnahmeregelung die Pflanzen auch indoor anbauen zu dürfen wurde belassen, jedoch änderte sich das Gesetz 1998 drastisch: Ab sofort waren nur noch 5 Pflanzen pro Haushalt erlaubt. Und dies gilt –ironischer weise- seitdem selbst für eine aufklärende Institution wie das Cannabis College. Und um der ganzen Willkür noch die Krone aufzusetzen, ist dieses Gesetz lediglich auf die Anzahl der Pflanzen, nicht aber auf deren Größe, beschränkt. Soll heißen: Wer z.B. sechs kleine 20cm hohe Marijuanastecklinge auf seinem Balkon in Holland pflanzt, macht sich strafbar. Wer hingegen fünf 2,50m große Bigmamas auf Balkon, Terrasse oder Garten anbaut, macht sich nicht strafbar. Es stellt sich einem wirklich die Frage, unter welchem Einfluss womöglich illegaler Substanzen solch ein Gesetz von den Verantwortlichen geschaffen wurde; offensichtlich von Menschen, die sich mit der Materie leider kaum auskennen und somit auch kaum beurteilen können. Die Botschaft, die Lorna auf jeden Fall an alle Heimbauern richten möchte ist: „Wenn Ihr Gras anbaut, lasst die Pflanzen so groß wie möglich wachsen!“ Leider ist somit natürlich die Häufigkeit der Ernten beschränkt.
Um noch ein wenig auf die aktuelle Gesetzeslage in den Niederlanden einzugehen, sei erwähnt, dass es seit dem 1.Juli diesen Jahres nicht mehr erlaubt ist, in Holland in geschlossenen, öffentlich zugänglichen Räumen Zigaretten oder Tabakgemisch/Grasjoints zu rauchen. Pure Marihuanajoints hingegen sind legal und können in Coffeeshops oder im Cannabis College geraucht werden. Macht das Sinn? Wohl nur, wenn man einer der verantwortlichen Personen ist, die solch ein Gesetz entschieden haben und die Menschen, die diese Politiker in ihr Amt gerufen haben. Auch aus der Sicht des Cannabis Colleges findet man das ziemlich lächerlich und einfach unglaublich. Lorna findet, und da hat sie nun einmal völlig Recht, dass Menschen in eine Bar gehen, um etwas zu trinken (meist leider die legale aber gefährliche Droge Alkohol), und andere in einen Coffeeshop, um etwas zu rauchen. Der Staat und die europäische Union zwingt den Nutzer nun förmlich nur noch pure Marihuanazigaretten in seinem Coffeeshop seiner Wahl zu rauchen oder er wird vor die Tür geschickt. Natürlich hält sich auch das Cannabis College zu 100% an dieses Gesetz. Aber in wessen Interesse ist dies eigentlich? Ganz eindeutig findet auch Lorna, dass hier eine weitere große Beschneidung der Freiheit auf freie Wahl stattfindet, nämlich die, ob er nun einen Tabak/Grasjoint rauchen will oder pur. Von den wirtschaftlichen Auswirkungen gar keine Rede, denn die Existenz eines so ziemlich jeden Coffeeshops in den Niederlanden ist in großer Gefahr. In Rotterdam wurden alle Coffeeshops geschlossen, die sich in weniger als 250m Entfernung zu einer Schule befinden. In Amsterdam laufen die Diskussionen darüber noch und es sieht nicht gut aus für die Zukunft.
Die Konsequenz des Ganzen ist nun, dass Coffeeshops einen geschlossenen Raucherbereich von mindestens 30qm Größe einrichten müssen, wo man auch seine Mischjoints rauchen darf und ungestört ein Getränk oder seine Zeitung genießen kann. Die dadurch verursachten Kosten für Coffeeshops sind immens und viele Shops scheitern bereits an der Größe dieser Raucherzone. Lorna muss zugeben, dass solch eine Regelung einfach nur „dumm“ ist.

Cannabis Aktivismus
Mich hat brennend interessiert, wie es denn mit dem allgemeinen Interesse und dem Pro-Cannabis-Aktivismus im Jahr 2008 steht. Interessant und ein wenig beunruhigend zugleich gibt es laut Aussage von Lorna kaum, bzw. gar keinen Aktivismus in den Niederlanden. Aufgrund der doch immer noch lockeren Gesetze im Vergleich zu den Nachbarländern scheint es hier keine Notwendigkeit für weiteren Aktivismus zu geben, obwohl er doch gerade jetzt wieder dringend nötig ist. Denn die niederländische Regierung beschneidet, besonders in den letzten Monaten, vermehrt die Menschenrechte. So werden regelrecht Stasi-ähnliche Taktiken angewendet, um die Bevölkerung gegeneinander auszuspielen. Zum Beispiel mit großangelegten Aktionen in Amsterdam in Form von Flyern von der Polizei in den Briefkästen von Bewohnern, auf denen sie gebeten werden ein Auge auf ihre Nachbarn zu werfen und Dinge wie durchweg leuchtende Lampen oder auffällige Gerüche der Polizei zu melden. Willkommen im Jahr 1984…aehm 2008. Kann das richtig sein? Die Frage kann sich jeder Leser selbst stellen.
Die gute Nachricht jedoch ist, dass der Aktivismus, Aufklärung und Zustimmung einer Legalisierung von Marihuana weltweit in letzter Zeit stark ansteigt. Der Konsum ist heutzutage verbreiteter als je zuvor, schichtenübergreifend, alters- und kulturunabhängig. Es gibt sie überall. Anwälte kiffen. Studenten kiffen. Polizisten kiffen. Hausfrauen kiffen. Politiker kiffen. Und Freidenker tun es sowieso. Und wenn große Teile der Bevölkerung anscheinend ein Gesetz brechen (müssen), sollte dies auch nicht mehr strafbar sein. „Der Besitz und Genuss von Cannabis sollte keine Straftat sondern ein Menschenrecht sein“, beschwert sich Lorna.
„Also was kann man tun, um sich und andere über Marihuana und Hanf aufzuklären und die Legalisierung des wunderbaren, natürlichen Krauts zu unterstützen?“, wollte ich von Lorna wissen. Ein Besuch auf www.CannabisCollege.com ist ein guter erster Schritt. Man kann sich einer Aktivistengruppe in seinem Heimatland anschließen, denn die Welt braucht noch mehr Aktivismus. Und man darf sich nicht dafür schämen, dass man gerne Marihuana raucht oder auf andere Art konsumiert. Es ist ein wichtiges Anliegen von Lorna, dass die Menschen verstehen, dass Kiffer keine Bürger zweiter Klasse sind. In den meisten Fällen ist das Gegenteil der Fall was die Selbstbestimmung eines jeden einzelnen (Kiffers) angeht. Kiffer gehören in den meisten Kreisen zu den Intellektuellen und belesenen Menschen, aber das wussten ja die meisten, die gerne einen Joint rauchen, sowieso schon längst. Wichtig ist, dass auch die anderen es verstehen, wenn wir wirklich eines Tages die Gesetze zum Besseren ändern und in einer besseren und vor allem gerechteren Gesellschaft leben wollen. Auch den folgenden Generationen zuliebe.
Neben soviel Information wollte ich unbedingt noch die Lieblingssorte von Lorna erfahren, und mit freudigem Gesichtsausdruck gestand sie mir, dass „Khali Mist“ ihre absoluter Liebling sei, eine Sativa muss es ihrer Meinung nach für sie auf jeden Fall sein.

Fazit
„Hast Du noch eine persönliche Botschaft an die Leserschaft des Hanf Journals?“, wollte ich abschließend von der Managerin der einzigen Institution ihrer Art weltweit wissen. Und mit einer Antwort zögerte sie keine fünf Sekunden:
Lest und lernt über Hanf
Werdet aktiv
Besucht Hanf- und Cannabismessen
Gebt die Botschaft weiter an Eure Freunde und Bekannte und als letztes:
Keep on smoking good weed!
Mit diesen Worten im Ohr durfte ich mich an dem hauseigenen Vaporizer probieren, den mir Lorna zum Abschluss zur Verfügung stellte (und auch von anderen Besuchern des Cannabisgartens probiert werden darf) und wohl zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich in den wahren Genuss des Geschmacks und Aromas von Skunk kommen, wie ich ihn ohne Vaporizer in dieser Form noch nicht geschmeckt habe. Einfach lecker. Und nicht nur aufgrund seiner medizinischen Qualitäten und dem gesünderen „Rau(s)ch“ Erlebnis liegt in Vaporizern die Zukunft, um in den am wenigsten lungenschädlichen Genuss von Marihuana zu kommen. Persönliches Waldmeista-Prädikat: besonders wertvoll.
Und warum stellte sich ganz besonders dieser kühle, graue Tag nun als ein besonders guter heraus? „Weil an verregneten Tagen viel mehr Besucher kommen als an sonnigen.“, verabschiedet sie mich mit einem Lächeln im Gesicht.

In keiner Weise soll dieser Bericht zu Straftaten und sonstwie illegalen Aktionen aufrufen, er dient lediglich der Aufklärung, Information und appelliert ausschließlich an den gesunden Menschenverstand eines jeden erwachsenen, verantwortungsbewussten Menschen.

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