Donnerstag, 27. August 2009

Zucht und Ordnung

oder Ordnung ist die halbe Ernte

Warum die Pflanzenzucht @home besonderer Sorgfalt bedarf
Durch meine langjährige Arbeit im Growshop habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele ambitionierte HobbygärtnerInnen an sich selbst scheitern und deshalb ihr Hobby früher oder später aufgeben (müssen).
Denn entweder quält der allzu sorglose Gärtner die Pflanzen, bis sie keine Lust mehr haben zu wachsen oder die Schlampigkeit hat gar Schlimmeres wie einen ungebetenen Besuch zur Folge.
Diesmal präsentieren wir die Top Ten aus der Kategorie „was ich besser lassen sollte“, mitten aus dem Leben eines Growshoppers in einer deutschen Großstadt:

Problem: Falsche Vorplanung

Viele Neueinsteiger schaffen sich ihre Ausrüstung an, ohne vorher genau zu wissen, was später im Zelt/der Box stehen soll. Sorte und Anzahl der Pflanzen sollten vorher feststehen, denn unterschiedliche Sorten brauchen unterschiedliche Bedingungen. Besonders die Anzahl der Pflanzen und die gewählte Topfgröße beeinflussen das Wachstumsverhalten später immens. Ebenso muss man vorher wissen, ob man Samen oder Stecklinge nutzen will.
Folgen: Schlechter Ertrag,
weil die Pflanzen zu eng stehen und sich so gegenseitig das Licht klauen und so zum Geilwuchs neigen.
weil zu wenig Pflanzen gestellt wurden und die Lichtmenge nicht optimal ausnutzen können.
Tip zur Vermeidung:
Vor dem ersten Durchgang auf den Erfahrungsschatz von Freunden oder aus Foren zurückgreifen.

Problem: Viel hilft viel (Überdüngung):

Die gesamte Palette an Grunddüngern und Zusätzen, ohne Vorwissen und gleich täglich volle Pulle. Der EC-Wert oder die Härte des verwendeten Wassers ist unbekannt und ein EC-Meter zu teuer. Das stresst die robusteste Pflanze. Düngergabe nach Gefühl ist nur dann sinnvoll, wenn man den Dünger ab und zu als „Extra“ gibt und das Medium an sich schon Nährstoffe enthält. Nur wer auf Erde züchtet und nicht öfter als einmal pro Woche düngt, kann sich die Anschaffung eines EC-Messgerätes sparen.
Wer Spezial-Dünger kauft und ihn zwei bis sieben mal pro Woche verwendet, um einen optimalen Ertrag auf kleiner Fläche zu erzielen, muss sich mit Dingen wie EC-und pH-Wert befassen.
Folgen:
Verbrannte Wurzeln, krüpplige Pflanzen und enttäuschte Gesichter, die im nächsten Growshop auf den erworbenen Dünger schimpfen und, anstatt sich einen EC-Meter und ein wenig Literatur zu besorgen, nach einer anderen Dünger-Marke und noch stärkerem Blüte-Boostern fragen.
Tips zur Vermeidung:
Vor dem Start des Projekts ein gutes Buch oder das Hanf Journal zur Hand nehmen.

Problem: Schädlinge

Schädlinge sind, früh genug erkannt, in einem gesundem Mikroklima für die Pflanze kein Problem.
Im Frühstadium gibt es für jeden Schädling den entsprechenden Nützling .
Leider erkennen unerfahrene Heimlichgärtner die Plage meist erst dann, wenn es zu spät ist. Zu spät heißt, dass man die Population von Thripsen, Spinnmilben oder sonstigem Getier schon mit bloßem Auge erkennen kann. Dann helfen meist nur noch systematisch wirkende Mittel, im Volksmund „Chemische Keule“ genannt.
Folgen:
Ausgemergelte, zum Teil abgestorbene Pflanzen oder alternativ ein mit Insektiziden belastestes Endprodukt. Außerdem bilden sich durch die regelmäßige Anwendung von Insektiziden Resistenzen. Bei den Spinnmilbenmitteln hat der intensive Einsatz in niederländischen Gewächshäusern bereits dazu geführt, dass der Wirkstoff jährlich geändert werden muss.
Tips zur Vermeidung:
Früherkennung von Schädlingen kann man üben, auch eine prophylaktische Gabe von Nützlingen schadet gerade in den warmen Sommermonaten nicht. Sauberkeit und Ordnung im Raum verstehen sich von selbst. Man sollte nicht meinen, wie viele @home Gärtner Pflanzen- oder Erdreste gleich säckeweise bunkern, um die einmal erworbenen Schädlinge auf keinen Fall los zu werden und ungebetenen Besuchern gleich noch mehr Grund für Stress zu liefern. Alle Kunden, die im Netz über Jahre hinweg immer wieder Roxion gegen Thripse oder Kiron gegen Spinnmilben bestellt haben, waren einfach zu faul, das Problem von Grund auf zu beheben: Ist der Befall wirklich so schlimm, dass die „Chemo-Keule“ unumgänglich war, muss nach dem Durchgang der Raum grundgereinigt werden, das Medium und alle Pflanzenreste müssen entsorgt sein, bevor die nächste Generation die Box betritt. Dasselbe gilt, auch wenn es weh tut, für stark befallene Mutterpflanzen.

Problem: Geräuschbelästigung

Nicht selten ist die eben gekaufte Homebox lauter als erwartet. Den eigenen Schlaft stört’s nicht, also ab dafür. Leider ist dem Nachbarn das Dauer-Brummen ein Dorn im Ohr, im besten Fall kommt sie/er fragen, was das sei und bittet um Abhilfe. Im schlimmsten Falle gibt es einen Brief an die Hausverwaltung oder, dank der „Sensibilisierung“ der Mitbürger durch Polizei und Medien, einen Anruf der Marke Denunzio.
Folgen:
Unausweichliche Demontage der Anlage sowie unangenehme Fragen der Nachbarn, ein Begehungstermin des Vermieters oder gar uniformierter Besuch.
Tips zur Vermeidung:
Am besten schon beim Kauf den Geräuschpegel checken. Sollten Zweifel bestehen, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den Schall zu reduzieren. Die effektivste ist ein Schalldämpfer (ab ca. 35 €), gefolgt von einem schall-thermoisolierten Schlauch. Auch der Lüfter selbst kann zusätzlich in eine Holzkiste, ausgekleidet mit Schallschutzmaterial, eingebaut werden. Kleinere Lüfter können einfach in einen großen Isoschlauch gesteckt werden, die Möglickeiten sind vielfältig. Eine schwingende Aufhängung, wie zum Beispiel an Auspuffgummis, vermeidet unnötige Schallbrücken.
Die im Fachhandel angebotenen Geräte weisen sehr unterschiedliche Geräuschpegel auf. Die leisesten, aber auch teuersten, sind schallisolierte Lüfterboxen aus Metall.
Auf jeden Fall sollte vor der Inbetriebnahme sicher gestellt sein, dass Dritte keinerlei Geräusche oder Vibrationen mitbekommen.


Einfach, sauber, effektiv: Ein sauberer Raum ohne viel Schnickschnack

Problem: Geruchsbelästigung
„So, dann fehlt ja nur noch der Filter:“
„Ich brauche keinen Filter, bei mir riecht es sowieso immer verraucht“
„Meine Nachbarn wissen eh, dass ich kiffe“
„Echt, wegen fünf Pflanzen?“
„Ich leite das zum Fenster/Schornstein raus. Da brauch’ ich keinen.“
„Hinterm Haus geht sowieso keiner lang“
So oder ähnlich kann sich ein Verkaufsgespräch auch anhören. Beratungsresistenz kann überraschende Folgen haben, selbst Streifenpolizisten, die beim Nachbarn wegen der lauten Musik klingeln, sind heutzutage mit dem Phänomen der Heimlichgärtnerei vertraut.
Folgen:
Der häufigste Grund für die Enttarnung kleiner @home Gärtner. Selbst bei einer Pflanze folgen eine Anzeige und ein Verfahren oder eine Geldstrafe. Meist wird selbst bei Mini-Grows die „geringe Menge“ überschritten, da der Gesamt THC-Gehalt von 7,5 Gramm durchschnittlich schon bei einer Ernte von 75 Gramm überschritten wird. Das sind selbst bei absolut unprofessionellen Hobbygärtnern nur ein bis zwei Pflanzen.
Tips zur Vermeidung:
Jeder Grow braucht einen Filter. Auch wenn die Abluft direkt aus dem Fenster oder Schornstein führt: Es gibt Bauarbeiter, Schornsteinfeger sowie Situationen, mit denen man vorher nicht rechnen kann. Ein Filter ist der Sicherheitsgurt der Homegrower. Bei der Ausleitung ins Freie ist auch zu beachten, dass die warme Luft im Winter als Dampf entweicht, wenn man sie nicht vorher abkühlt.
Aufgepasst: Der beste Filter hilft nicht, wenn die Erntetätigkeit außerhalb der Box/des Raums stattfindet. Für diesen Fall müssen unbedingt Geruchsfresser (Vaporthek & Co) eingesetzt werden.

Problem: Wasserschaden

Anlagen mit automatischer Bewässerung, egal ob fünf oder 0,5 qm, bergen immer die Gefahr, dass eine Komponente durch falsche Montage oder auch durch Abnutzung undicht wird. Neben der Geruchsbelästigung eine der häufigsten Ursachen für den Super-GAU.
Folgen:
Super-GAU oder Putzeimer. Mit Ausnahme des GAUs für das Wohlergehen der Pflanzen meist unerheblich.
Tips zur Vermeidung:
Bei der Installation einer automatischen Bewässerungsanlage ist das Auslegen von Teichfolie mehr als ratsam. Der gesamte Pflanzraum sollte bis circa 30 Zentimeter Wandhöhe mit einer Wanne aus dieser Folie ausgekleidet werden, wobei besonders auf die spannungsfreie Verlegung in den Ecken zu achten ist.
Bei Drain-To-Waste Systemen muß der Auffangbehälter mindestens 20 % größer sein als der Nährstofftank.

Problem: Brand durch Kurzschluss

Auch die beste Zeitschaltuhr oder das hellste Leuchtmittel geben mal ihren Geist auf. Die sich hieraus ergebenen Probleme wie Lichtmangel oder abrupter Blüteabbruch sind eher lächerlich, vergleicht man sie mit einem immer häufiger auftretenden Phänomen: Ernsthafte Unfälle, meist Brände, verursacht durch falsch installierte oder fehlerhaft funktionierende Elektrogeräte. Hiermit gefährdet man nicht nur sich, sondern meist eine ganze Hausgemeinschaft.
Folgen:
– Doppel-Super-GAU bei Brand.
– Abbruch der Blüte und Bildung neuer Triebe bei 24 Stunden Licht durch eine defekte Zeitschaltuhr,
– Lichtmangel durch 0 Std. Licht bei defektem Leuchtmittel, Schaltkasten o.ä.
Tips zur Vermeidung:
Bei den Vorschaltgeräten, Fassungen, Klemmen und Kabeln nie Billigware verwenden.
Gleiches gilt für Heizlüfter oder Radiatoren für die Dunkelphasen im Winter. Stromheizungen sind wenn möglich ganz zu vermeiden. Der eigentlich obligatorische Elektriker wird aus nachvollziehbaren Gründen in der Praxis eher selten zu Rate gezogen.
Trotzdem muss unbedingt sicher gestellt sein, dass alle Elektrogeräte fachgerecht und sicher angeschlossen sind.

Problem: Zu viel Technik bei geringem Vorwissen

Manch eine/r denkt, beim Growen eine Art Marken- und Technikfetischismus ausleben zu können. Neueinsteiger, die nach der Besichtung einer vollautomatischen Hydro-Anlage eines Bekannten auf den Geschmack gekommen sind, sind sich oft nicht darüber klar, dass man in ein solch komplexes Hobby „reinwachsen“ muss.
Folgen:
Verbrannte Wurzeln, verbranntes Geld und spätestens nach der ersten (Miss)-Ernte die fehlende Lust weiterzumachen. Dazu noch die langen Gesichter beim Versuch des Wiederverkaufs von gebrauchtem Equipment: „Hm, bei ebay trau’ ich mich nicht, der eine Growshop A will nix Gebrauchtes und Shop B zahlt wenig.“
Tips zur Vermeidung:
Einfach anfangen und von Anfang an darauf achten, dass das Set-Up ausbaubar ist. Hierzu ist der Besuch in einem kompetenten Growshop hilfreich.

Problem: Beratungsresistenz

Egal, was Freunde, Foren oder der Fachverkäufer sagen:
Die Mutterpflanze wird mit 16 Stunden beleuchtet, um Strom zu sparen….
Statt guter Grow-Erde wird Blumenerde verwendet….
Eine Abluft wird erst montiert, wenn die Pflanzen stark mitgenommen sind oder das halbe Haus stinkt….
Ein ganzer Quadratmeter wird mit einem 250 oder gar einem 125 Watt Leuchtmittel beleuchtet….
Der eigene Grow dient der Hebung des Selbstwertgefühls und wird im Bekanntenkreis herumgezeigt….
Ungebetener Besuch aufgrund von Lärmbelästigung, nicht gezahlter Rechnungen, Stromklau oder einem überflüssigem Nachbarschaftsstreit….
Folgen:
Das Potential der Box wird maximal zu 30 Prozent genutzt oder gar der schon oft erwähnte Super-GAU.
Tips zur Vermeidung:
Keine. Wer nicht hören will, muss fühlen.

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