Montag, 8. März 2010

Gnadengesuch wurde eingereicht

Jürgen Hahnel wieder im Hungerstreik

JVA Rottenburg. Wegen Besitzes von Cannabis ist Hanf-Aktivist Jürgen Hahnel seit dem 6.Juli 2009 in der JVA Rottenburg inhaftiert, um seine 15-monatige Haftstrafe zu verbüßen (Hanf Journal berichtete). Um sich Vollzugsproblemen und der Öffentlichkeitsarbeit zu seinem Fall widmen zu können, hatte er seinen zu Beginn der Inhaftierung begonnenen drogenpolitischen Hungerstreik vorübergehend unterbrochen. Nun hat er den Hungerstreik wieder aufgenommen.
Da sich im Vollzug diverse Probleme ergaben, unter anderem mit dem Krankenrevier im Zusammenhang mit seiner Krankenakte und die verweigerte Aushändigung der Zeitschriften „Hanf Journal“ und „grow!“ sowie des Fachbuchs „Rauschzeichen“, hat der Hanf-Aktivist seinen drogenpolitischen Hungerstreik inhaltlich „auf vielfältige Widrigkeiten des Strafvollzugssystems“ ausgeweitet: „Seit 30.Januar befinde ich mich im konsequenten Hungerstreik bis zur Entlassung und muss mit baldiger Zwangsernährung und Verlegung rechnen. Derzeit geht es mir den Umständen der Inhaftierung entsprechend gut bis ausreichend“, schrieb er am 6.Februar.
Zu Beginn seiner Inhaftierung wog Jürgen Hahnel 57,5 kg bei 163 cm Körpergröße. Da er aufgrund schlechter Erfahrungen und Misstrauen das Krankenrevier nicht aufsucht, kann er sich nicht wiegen (lassen) und kennt sein derzeitiges Gewicht nicht. Am 18.Februar hatten Jürgen Hahnel und sein Anwalt Halbstrafen-Anhörung bei der Strafvollstreckungskammer. Die richterliche Entscheidung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor (das Hanf Journal wird weiterhin berichten).
Im Februar hat die Tübinger Unterstützerin Anne Fröhlich ein Gnadengesuch für Jürgen Hahnel mit 329 Unterschriften beim baden-württembergischen Justizminister Prof.Dr. Ulrich Goll eingereicht, das an die zuständige Staatsanwaltschaft Tübingen weitergeleitet wurde. Im 14-tägigen Rhythmus organisiert Anne Fröhlich samstags Mahnwachen auf dem „Holzmarkt“ in Tübingen, bei denen weiterhin Unterstützungsunterschriften gesammelt werden, die dann nachgereicht werden.

Vielfältige Informationen zum Fall Jürgen Hahnel (u.a. Flugblatt und Unterschriftenliste), zu Mahnwachen und Gnadengesuch sind auf der Homepage www.sichtbarewelt.de veröffentlicht. Aktuell findet sich dort das Rundschreiben „Informationen für Medienschaffende, PolitikerInnen und Öffentlichkeit“ von Anne Fröhlich, das die Kapitel „Vorgeschichte und Strafverfahren“, „Die aktuelle Situation“, „Gnadengesuch, Dokumente, Berichte aus der JVA, Petitionen zur Justizpraxis, Infos,…“ und „Appell an Medienschaffende und PolitikerInnen“ umfasst.

Getreu dem Motto „Keine Legalisierung ohne Öffentlichkeit!“ ist hier weitere Unterstützung erwünscht:
Dies ist, durch weitere Unterschriften, durch Beteiligung / Organisation von Mahnwachen, Verteilen und Auslegen von Unterschriften-Listen (zum Beispiel in Hanfläden oder Kneipen), durch konkretes Ansprechen von PolitikerInnen und Medienschaffenden auf „Jürgen’s Fall“ und mit Leserbriefen auf Presseberichte zum Thema Drogen möglich.

Worum es geht
Beim Strafurteil gegen Jürgen Hahnel errechneten sich mehr als ein Drittel des THC-Gehalts, der für die Einstufung des Vergehens/ Verbrechens (?) von vorrangiger Bedeutung ist, aus Hanfabfällen (ohne Blüten) mit dem sehr geringen THC-Gehalt von 0,318 %. Nach dem im Prozess gehörten „Sachverständigen“ sei es möglich, dieses Material zu konsumieren oder zu Öl zu verarbeiten.
Der Grenzwert für Faserhanf ist mit 0,2% aber relativ willkürlich gesetzt und orientiert sich nicht an der berauschenden Wirkung. Bei einem Wirkstoffgehalt von 0,318% THC wären für einen Joint mit einer durchschnittlichen Konsumeinheit von 15mg THC 5g Hanfblätter einzuarbeiten. Es ergäbe sich hiermit ein Joint von 1cm Durchmesser und 15cm Länge (ohne Mundstück/ Filter). Der Konsum einer solchen Menge Cannabis-Reste würde aber Kopfschmerzen und Übelkeit auslösen.
Tatsache ist, dass sich der berauschende Wirkstoff THC in den Blüten der Hanfpflanze befindet und sich im Restmaterial, wie bei Jürgen Hahnel, allenfalls noch anhaftende THC-Reste an Blättern oder Stengeln finden lassen. In der Praxis wird daher Cannabis mit deutlich höherem THC-Gehalt konsumiert: Hanfabfälle, wie im Fall von Jürgen Hahnel, sind weder als Pflanzenteile noch in umgewandelter Öl-Form in Umlauf.
Im Urteil gegen Jürgen Hahnel wurde durch die Einbeziehung dieses „nicht rauchbaren“ Hanfmaterials aber die 7,5g THC-Grenze überschritten, die zur Einstufung als Verbrechen und nicht als Vergehen führte. Solches Material aber wird in der Praxis nicht konsumiert.
Daher ist die Einstufung des Vergehens von Jürgen Hahnel als Verbrechen als praxisfern, lebensfremd und unverhältnismäßig einzustufen.

Jo Biermanski, Grüne Hilfe

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