Donnerstag, 1. April 2010

Wie einst im Wilden Westen – Drogenfahndung in Bayern

Mexiko, Afghanistan, USA – jetzt auch Bayern?
Bürgerrechte vs. Drogenkrieg

In Mexiko starben im vergangenen Jahr mehr Menschen im „War on Drugs“ als im Irak. Heroin ist weiterhin die finanzielle Basis für den Krieg in Afghanistan. War es in Afghanistan mit der Demokratie nach westlichen Maßstäben nie besonders weit her, so demonstriert das Beispiel Mexiko, wie ein ehemals ansatzweise demokratisches Staatswesen im Chaos versinkt, weil die Regierung Calderon seit vier Jahren gnadenlos einen Krieg führt, dessen Ursache die Lust auf Drogen derer, die sie bekämpfen, ist. Verwirrt? Das gehört zur Taktik. Das Angebot an Drogen vermag der „War On Drugs“ seit seinem Ausbruch Anfang der 1970er Jahre nicht zu reduzieren, dafür produziert er mehr Waffen und Tote auf allen Seiten als je zuvor.
Zwar sind die Verhältnisse in Deutschland nicht mit Mexiko zu vergleichen, aber die Repression gegen Drogenkonsumenten sprengt zunehmend den vom Gesetzgeber festgelegten Rahmen des Erlaubten: In einigen Teilen unserer Republik werden Bürgerrechte von Hanfkonsumenten gar nicht oder nur bedingt geachtet, nur weil sie gelegentlich kiffen. Zwar ist der Konsum von Drogen keine Straftat, auch der Besitz einer Geringen Menge sollte für Erwachsenen keine weiter reichenden Konsequenzen haben, in der Realität sieht das jedoch ganz anders aus. An Dinge wie Führerscheinentzug ohne die Verkehrsteilnahme unter Rauschmitteln (bundesweit), Hausdurchsuchung wegen Geringer Menge oder gar nur dem Konsum (Bayern 2009) oder zweijährige Bewährungsstrafen für zwei Outdoorpflanzen (Baden-Würrtemberg 2008) haben sich deutsche Hanfblütenliebhaber und -Patienten in den letzten Jahren fast schon gewöhnt, besonders in Bayern nehmen es die Gesetzeshüter mit dem Grundgesetz auch nicht mehr so genau, wenn es um Drogendelikte geht. Da wird schon mal eine Wohnung ohne richterlichen Beschluss durchsucht, weil sie neben der eines Verdächtigen liegt, bei dem nichts gefunden wurde. Laut einer Meldung der Lokalzeitung primavera24 haben Polizisten am 19.03.2010 im Rahmen einer Durchsuchung des Aschaffenburger Lokals „Titty Twister“ den Besitzer körperlich mißhandelt sowie eine Wohngemeinschaft im gleichen Haus rechtswidrig mitdurchsucht. Drogen wurden weder beim Lokalbesitzer noch in der WG gefunden, lediglich einige, wenige Besucher des Lokals führten nach Polizeiangaben kleine Mengen illegaler Substanzen zum Eigenverbrauch mit sich. Der Lokalbesitzer sowie die Mieter der WG planen, Anzeige gegen die Beamten zu erstatten. Die Pressestelle der Polizei Würzburg bestätigte auf Nachfrage des Hanf Journals, dass bei den Verdächtigen keine BtmG relevanten Substanzen gefunden wurden und dass sich die Beamten erst hätten ausweisen können, „nachdem die Situation unter Kontrolle gebracht werden konnte“. Die anschliessende Nachfrage beim Lokalbesitzer klang ein wenig anders und entsprach dem oben zitierten Zeitungsbericht. Wie es auch war, wenn die Polizei ein ganzes Haus und die dazugehörige Kneipe stürmt, kann es, wenn sie gar nichts findet und Unbeteiligten die Wohnung durchwühlt, mit den Anfangsverdacht nicht allzu weit her gewesen sein. Ebenso vergangenen Monat haben 160 Beamte in Starnberg 33 Wohnungen durchsucht, um schlussendlich vier Personen vorläufig festzunehmen und 20 Cannabispflanzen zu finden (News Seite 23).
Der bayrische Innenminister ist über die Entkrimininalisierung von Cannabis in der Tschechischen Republik gar nicht erfreut, unterstellt seinem Nachbarland ein Drogenproblem und setzt Schengen de facto außer Kraft, indem er die ohnehin schon strengen Kontrollen noch verschärft.
„Ich lasse nicht zu, dass sich diese Neuregelung auf Bayern negativ auswirkt und Drogenprobleme aus Tschechien zu uns überschwappen“. Die Schleierfahndung werde „mit verstärkten Kontrollen auf diese Entwicklung reagieren“. „Die verbindliche Einstufung geringer Mengen verschiedener Drogen zum Eigenverbrauch als bloße Ordnungswidrigkeit kann ich nicht nachvollziehen“ so Joachim Herrmann, CSU, zur Passauer Neuen Presse.
Selbst Krebspatienten werden vom bayrischen Amtsrichter Martin Hausladen verhöhnt. Anstatt ihn auf eine mögliche Ausnahmegenehmigung hinzuweisen, belehrte dieser im März einen Krebskranken, der illegal Cannabis kaufen muss: ,Cannabis als Arznei sei gesetzlich nicht erlaubt, den Joint auf Rezept gebe es nicht’, stellte der anscheinend schlecht informierte Richter fest. Vier Monate auf Bewährung für neun Gramm Krebsmedizin.
Das ist nur ein Auszug aus den Meldungen, die uns tagtäglich, besonders aus südlichen Gefilden, erreichen. Die tschechische Regierung hat sich offziell beschwert, dass bayrische und sächsische Zöllner tschechische Staatsbürger trotz Schengener Abkommen schikanieren. Vielleicht findet sich ja ein Bröselchen. Die selben Bayern, die den Tschechen EU-Feindlichkeit vorwerfen.
2007 gab es in Tschechien 40 Drogentote bei 10 Millionen Einwohnern, in Bayern gab es im gleichen Zeitraum 231 Opfer bei 12,5 Millionen Einwohnern, Tendenz weiter steigend.
Was muss noch passieren, damit Sie aufhören, einem guten Teil Ihrer jungen Mitbürger die Bürgerrechte zu beschneiden, Herr Herrmann?

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