Dienstag, 31. August 2010

Rolys Silberscheiben des Monats September

Hurts: Happiness
(four music)

Vor einem Nachtclub in Manchester lernten sich Theo Hutchcraft und Adam Anderson kurz vor Weihnachten 2005 kennen, die vergangenen vier Jahre haben sie hauptsächlich von Arbeitslosenhilfe gelebt, und nun liefern die Briten mit „Happiness“ eines der am meisten ersehnten Debüts des laufenden Jahres ab. Erst im letzten Jahr zogen sie regelmässig von Vorort zu Vorort, verbrachten Zeit in Broughton, Rusholme, Bellevue und in Berlin. Mit „Wonderful Life“ und „Blood, Tears & Gold“ kursierten zunächst nur zwei Videos des Duos im Internet, bis ihre erste Uptempo-Nummer „Better Than Love“ die ersten Konzerte in ganz Europa einläutete und Hurts mit ihrem erfrischenden Songwriting auch mich endgültig in ihren Bann zogen. Die beiden verstehen es bravourös einen dem Disco Lento nahestehenden Synthie-Sound mit betont kühl, eleganten Stylings zu verschmelzen, der an den romantischen Musikstil von 80er Legenden wie New Order, Talk Talk, Heaven 17, Spandau Ballet, Tears For Fears oder auch Pet Shop Boys anknüpft. Der Opener „Silver Lining“ könnte direkt aus der Feder Depeche Modes stammen, während ich bei „Sunday“ etwas an Ultravox denken muss. Ihr episches Balladen-Handwerk in hoffnungsvoll-melancholischen Songs wie „Stay“, „Illuminated“, „Evelyn“, „Devotion“, „Unspoken“ und „Water“ ist tief ergreifend, zuversichtlich und voller Glück. Die Sensation aus Manchester erscheint, als erhoben sich die besten Synthie-Bands der Achtziger wie Phönix aus der Asche – das hier ist Popmusik in Perfektion! Und ich bin jetzt Fan und muss unbedingt am 18.Oktober ins Berliner Kesselhaus …
www.informationhurts.com
www.fourmusic.com


Marteria: Zum Glück in die Zukunft
(four music)

Aus dem Kapitän der Jugendmannschaft des FC Hansa Rostock und Model für Designer wie Boss oder Valentino ist nach seinem Schauspielstudium ein Künstler gereift, der seit seinem innovationsfreudigen Debütalbum „Halloziehnation“ (unter dem Alias Marsimoto) für unglaublich viel Spass im HipHop sorgt. Inspiriert vom kalifornischen Beat-Guru Madlib aka Quasimoto erzählte uns Marten Laciny im Jahre 2006 aus Sicht einer kiffenden Alien-Comicfigur mit Heliumstimme 30 schräg-verstolperte Songskizzen. Nach „Base Ventura“ (2007) und öffentlichen Lobpreisungen durch Jan Delay und Peter Fox sowie dem Marsimoto-Album „Zu zweit allein“ (2008) hat Marteria nun für „Zum Glück in die Zukunft“ zwölf einzigartige Songs erschaffen, die ein authentisches Lebensgefühl zwischen Neuköllner Kiezkindern, jungen Müttern vom Prenzlauer Berg und Friedrichshainer Lebenskünstlern auf den Punkt formulieren. Zusammen mit The Krauts entwickelte er in einem dänischen Ferienhaus ein basslastiges Soundbild voller Intensität. Das Album kommt mit Features von Wegbereitern wie Jan Delay und Peter Fox, Casper, Ex-Moabeatler Yasha und Miss Platinum – und nicht zuletzt mit dem imaginären Bruder Marsimoto. Ganz gross sind „Endboss“, „Amys Weinhaus“, „Marteria Girl“, „Kate Moskau“, „Alles Verboten“, „Seit Dem Tag Als Michael Jackson Starb“ und „Sekundenschlaf“. Ein deepes, inhaltlich und metaphorisch starkes Album, das HipHop in seiner ursprünglichsten Form definiert und Einflüsse aus Electro, Dancehall, Grime und Dubstep zu einem hochexplosiven Gemisch verdichtet – vielleicht das deutsche HipHop Album des Jahres! Die Record Release Show in Berlin hat superviel Spass gemacht.
www.marteria.com
www.fourmusic.com


Classified: Self Explanatory
(halflife records)

Im Land der Ahornblätter ist Luke Boyd, besser bekannt als Classified, eine grössere Nummer. 15 Jahre ist er in der Musik aktiv, und einige Top20-Platzierungen, Auszeichnungen und Juno-Nominierungen gehen auf sein Konto. Während sein 12. Soloalbum „Self Explanatory” schon im April 2009 erschienen ist, kommt es nun auch in Deutschland offiziell auf den Markt. Ein Vertrag bei Sony Music, internationale Promotion, illustre Gäste von Moka Only bis Royce 5’9 auf einem mit 22 Tracks prall gefüllten Silberling – so sieht ein Karriereknick nach oben aus. Das Album besticht mit zitierwürdigen Lines und sorgfältig ausgewählten Gästen, die jedoch durchgehend im Schatten des gut aufgelegten Hauptdarstellers stehen, der das Ding komplett mit dicken Beats versehen hat. Soundmässig reicht sein Kosmos von klassischem Boom Bap über Synthie-Attacken bis hin zu entspannten Jazz Licks und bietet von Partytracks bis hin zu sozialkritischen Songs („Where Are You“ mit Saukrates, „Trouble“ und „Loonie“ mit D-Sisive, Shad, DL Incognito & Buck 65) eine hörenswerte Bandbreite. Weitere Highlights sind das leicht retrospektive „Up All Night”, die Top-Single „Quit While You’re Ahead” mit Choclair, Maestro & Moka Only, das klassisch-traurige „Inspiration”, das poppige „Anybody Listening”, die Hymne „Oh Canada”, die Platinstatus im Great White North erreichte, sowie das gut bouncende „Still Got It“. Das Album hat Drive und eine positive Grundstimmung, doch Classified lässt sich stilistisch nicht so leicht klassifizieren wie sein Künstlername anmuten lässt.
www.classifiedofficial.com
www.halfliferecords.ca


Various Artists: Trojan – Foundation Dub
(trojan records)

Vor 42 Jahren erblickte Trojan Records das Licht und stand seitdem für die heissesten, besten und neuen Sounds aus Jamaika. Mit allen einflussreichen in Kingston basierenden Produzenten der Ära wurde der britische Reggae-Markt erobert. Jetzt liegen hier vier historisch wie musikalisch interessante Doppel-CDs auf dem Tisch, die ich den Liebhabern dieser Musik sehr ans Herz legen kann: „The Heavy Heavy Monster Sound – The Trojan Records“ beinhaltet 20 Hits, die das Label ins Mainstream-Bewusstsein beförderte sowie 20 Tracks, welche fast alle bis dato seit der originalen Veröffentlichung unerhältlich waren. „Trojan: Foundation Dub“ vereint 40 exklusive Dub-Tracks und stellt die perfekte Einführung in dieses Genre dar. Performed von Jamaikas meist gefeierten Session-Playern, gemixt von den talentiertesten Engineers dieser Sparte und produziert von den kreativsten Musikmachern. Für „Trojen Ska: Ska-Ing West“ hat man in den Island- und Trojan-Archiven gestöbert und feiert hier mit 40 original jamaikanischen Ska Recordings aus den Jahren 1962 bis 1966 diese uptempo, tanzfreundliche Musik. „Trojan Sounds & Pressure: Mod-Reggae“ liefert einen elektronischen Mix aus 40 vintage Songs, die auf dieser Kollektion ihr CD-Debüt geben, und begeistert alle, die den klassischen jamaikanischen Sound lieben. Alles in allem also ein dickes Paket aus 80 echten Perlen voller Seele, bei denen ich wieder feststellen muss, dass mir der Dub, Reggae, Ska und Rocksteady aus dem „Golden Age“ bis heute immer noch am besten gefällt. Liegt wohl an der Abwechslung, die ich heutzutage viel zu selten höre.
www.trojan-records.com


Various Artists: 2000 and Space – The Mission Continues Vol.1
(elux records)

Wer erinnert sich nicht gerne an das europaweit ausgestrahlte Nachtformat „Space Night“, mit dem Alex Azary, dem ich Anfang der Neunziger auch ab und zu sonntags im Frankfurter XS lauschen durfte, massgeblich dazu beitrug, elektronische Musik in Film, Fernsehen und anderen Massenmedien zu etablieren? Die damals erschienenen Space Night Compilations sind heute noch Kult. Inzwischen verkommen die Genres Chill Out & Electronica doch leider meist in der Lounge- und Ibiza Resterampe der zahllosen Billig-Compilations zu Sammelbegriffen auf dem Wühltisch. Glücklicherweise gibt Alex Azary diesen zeitlosen Genres nach wie vor stilprägende wie richtungsweisende Impulse und präsentiert nun mit „2000 and Space – The Mission Continues Vol.1“ die Erlösung von dem JazzyLoungeChill-Einheitsbreigedudel der vergangenen Jahre. Wie auch bei besagter „Space Night“ gibt es zum TV Pilot (bald auch auf Blu-ray) eine Doppel CD Compilation, die hochklassige Künstler und Produzenten der Jetztzeit auf 28 sphärischen Perlen versammelt. Meine Lieblingstracks sind „Colors“ (Gui Boratto), „Cinquo Dias” (Espresso Del Lago), „A.K.U.S.T.I.K.E.R“ und „Moon To Earth“ (Jonson) sowie „L’Ardo” (Ripperton) und besonders „Shamila’s Kiss“ und „Xine Light“ (Sven Weisemann). Aber auch Acts wie Luna City Express, Tycho, Fous De La Mer, Gabriel Le Mar, DJ Ino, Subsonic Park, Solee und Aural Float zeigen mir, dass dieser Sound noch lange nicht am Ende ist und wohin die Reise geht. Zurück zum Electronica-Chill Out Verständnis – danke dafür. Wer diesem Label bisher immer noch keine Beachtung geschenkt hat, holt dies bitte sofort nach!
www.myspace.com/eluxrecords
www.elektrolux.com

>> VERLOSUNG

Various Artists: 2000 and Space
– The Mission Continues Vol.1

In freundlicher Zusammenarbeit mit Elux Records verlosen wir mal wieder drei ganz frische Doppel-CDs.

Sollte dein Interesse durch dieses Review geweckt worden sein, schreibe uns eine Mail mit dem Betreff „2000 and Space“ und deiner Postanschrift an gewinnen@hanfjournal.de
– Einsendeschluss ist der 30.September 2010.

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