Freitag, 1. Juli 2011

Psychoaktive Pflanzen unserer Heimat

Johanniskraut

Steckbrief
Hypericum perforatum LINNÉ
Familie:
Hypericaceae (Hartheugewächse)

SYNONYME:
Hypericum vulgare LAMARCK

Trivialnamen:
Äkta johannesört (schwed.), Alfblut, Androsaimon (griech.), Blutkraut, Christi Wunderkraut, Common St. John’s Wort (engl.), Dziurawiec (pol.), Dziurawiec pospolity (pol.), Dziurawiec zwyczajny (pol.), Echtes Johanniskraut, Erba di San giovanni comune (ital.), Frauenkraut, Fuga daemonum, Gemeines Johanniskraut, Gottesgnadenkraut, Hartheu, Hekseurt (dän.), Herbe de la saint-Jean (frz.), Herbe à mille trous (frz.), Herbe percée (frz.), Herrgottsblut, Hexenkraut, Hierba de san juan (span.), Hipérico (span.), Hipericón (span.), Hyperici herba (lat.), Jageteufel, Johannesblut, Johannesört (schwed.), Johannesurt (dän.), Johannisblut, Johanniskraut, Jordhumle (dän.), Klamath-weed (engl.), Königskrone, Konradskraut, liht-naistepuna (est.), Mäkikuisma (suom.), Mansblod (schwed.), Mannskraft, Milfurada (port.), Millepertuis (frz.), Millepertuis à feuilles perforées (frz.), Millepertuis cilié (frz.), Millepertuis perforé (frz.), Perforated St. John’s Wort (engl.), Perikon (dän.), Perikum (dän.), Prikbladet perikon (dän.), Prikbladet perikum (dän.), Prikket perikon (dän.), Prikket perikum (dän.),Prikkperikum (norw.), šentjanževka (slow.), Sint-janskruid (niederl.), Sonnwendkraut, St. Johanns Kraut, St. Johns Wort, Stolzer Heinrich, Tausendlöcherlkraut, Teufelsbanner, Teufelsfuchtel, Teufelsflucht, Tüpfelhartheu, Tüpfel-Johanniskraut, Wildgartheil

Vorkommen:
Das Johanniskraut kommt in ganz Europa sowie in Afrika, Asien, Australien, Südamerika und Neuseeland vor. Am Wald- und Wegrändern, seltener mitten im Wald (z. B. an Wegen und in Gräben), auf Wiesen, an Hängen, an Hec

Botanik
Hypericum perforatum ist ein 30 bis 60 Zentimeter hoch wachsendes, ausdauerndes Gewächs. Gegenständige, ein bis zwei Zentimeter lange, elliptisch-eiförmige Blätter und eine goldgelbe, fünfzählige, ein bis zwei Zentimeter breite, in Scheindolden stehende Blüte. Kelch- und Kronblätter tragen schwarze Öldrüsen, welche den roten Saft freigeben. Breite bis schmal eiförmige, ebenfalls mit Drüsen besetzte Früchte. Aufrechter Stengel mit zwei Längskanten. Die Blütezeit liegt zwischen Juni und September.

Exkurs:
Andere Hypericum-Arten:

Hypericum barbatum (Bart-Johanniskraut), Hypericum elegans (Zierliches Johanniskraut), Hypericum elodes (Sumpf-Johanniskraut), Hypericum hirsutum (Behaartes Johanniskraut), Hypericum humifusum (Niederliegendes Johanniskraut), Hypericum maculatum (Syn.: Hypericum quadrangulum, Hypericum tetrapterum; Geflecktes Johanniskraut), Hypericum montanum (Berg-Johanniskraut), Hypericum pulchrum (Schönes Johanniskraut), Hypericum tetrapterum (Flügel-Johanniskraut), Hypericum virginicum (Virginia-Johanniskraut)

Wirkstoffe
Hypericin (Roter Farbstoff), Hyperosid, Hyperforin und Anthrochinonen (Phloroglucine), Flavonoide (Hyperosid und Rutin), Naphtodianthrone, Tannin, Gerbstoffe, ätherisches Öl, Vitamine und andere.

Geschichte
Die strahlenförmig angeordneten Blüten waren offenbar inspirativer Anstoßstein für die Kirche, das Johanniskraut in einen besonderen Stand zu erheben. Man assoziierte die Pflanze als mit dem Himmelreich verbunden. Hypericum perforatum wurde so denn einem Heiligen der christlichen Kirche geweiht: Johannes dem Täufer. Schließlich wurde der Täufer genau zur Blütezeit des Krauts geboren, am 24. Juni. Als Hexenkraut wird Hypericum in der Johannisnacht geerntet. Die Griechen und Römer nannten das Johanniskraut wegen seines roten Öls Androsaimon (Mannsblut).
Schon um 790 wurde Hypericum im Lorscher Arzeneybuch als Psychoaktivum empfohlen: als Mittel gegen Melancholie! Um 1700 spielte das Kraut dann eine Rolle bei den christlichen Exorzismus-Ritualen, der Teufels- oder Dämonenaustreibung. Daher auch die Trivialbezeichnung Fuga daemonum.
Das Johanniskraut spielt im Volksglauben eine große Rolle als Pflanze gegen Zauberei und Teufelszeug. Manche Bauern schützten ihre Ställe vor Krankheiten, indem sie das Vieh mit Johanniskrautbrot fütterten. Das Kraut musste am Johannistag vor Sonnenaufgang oder zur Mittagsstunde geerntet werden. Hypericum war zu allen Zeiten ein unverzichtbares Kraut in der Volksmedizin.

Hypericum perforatum

Verwendung
Innerliche Anwendung bei Angstzuständen, depressiven Verstimmungen, psychovegetativen Störungen und nervöser Unruhe. Johanniskrautöl, auch Rotöl genannt, zur Behandlung einer Reizblase, zur Stärkung der Verdauung und bei dyspeptischen Beschwerden, für die Behandlung von Wunden, Gicht und Menstruations- sowie Rheumaschmerzen. Äußerlich zur Nachbehandlung von Verletzungen und Verbrennungen ersten Grades und zur Behandlung von Myalgien.
Ein Auszug aus Hypericum-Blüten beschleunigt Heilungsprozesse, wirkt beruhigend auf die Haut und vermag Reizungen zu lindern. Ist außerdem eine gute Pflege für trockene, spröde, beanspruchte und gereizte Haut.
Johanniskraut soll aufgrund der enthaltenen Tannine als Aphrodisiakum wirksam sein. Hierfür sollen 20 Gramm des Krauts für 24 Stunden in einen Liter Weißwein eingelegt werden. Die Wirkstoffe sollen bei dieser Zubereitungsform das parasympathische Nervensystem anregen. Studien zur tatsächlichen aphrodisischen Wirksamkeit der Pflanze stehen noch aus.

Wirkung
Neben den psychoaktiven, antidepressiven Wirkungen des Johanniskrauts haben einige der einzelnen Inhaltsstoffe auch ein explizites physiologisches Wirkungsspektrum: Johanniskraut-Öl wirkt entzündungshemmend und antimikrobiell, Hyperforin wirkt antibiotisch, antimikrobiell und wundheilungsfördernd. Hyperforin hemmt in Verbindung mit Licht Viren und vermutlich auch andere Erreger.

Gefahren & Nebenwirkungen
Johanniskraut bewirkt eine erhöhte Lichtempfindlichkeit der Haut (die sogenannte Photosensibilität) und macht damit empfänglicher für Sonnenbrände. Außerdem kann es die Wirkung anderer Pharmaka beeinflussen. So beschleunigt es zum Beispiel den Abbau von manchem Arzneimittel wie den gerinnungshemmenden Cumarinen, Methadon, Digitalisglykosiden und der Anti-Baby-Pille. In sehr seltenen Fällen kann es nach Hypericum-Einnahme zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden oder Nervosität kommen.

Im Speziellen:
Zur MAO-Hemmung

Immer wieder wird in der Literatur behauptet, der Johanniskraut-Komplex sei ein MAO-Inhibitor und damit zur Präparation von Ayahuasca-Analogen geeignet. Wir halten fest: Das stimmt nicht!! Bislang konnte ein die Monoaminooxidase hemmender Effekt am Johanniskraut nicht wissenschaftlich nachgewiesen werden. Zwar gilt der chemische Cocktail der Pflanze als Wiederaufnahmehemmer spezieller Neurotransmitter. Daher die Wirksamkeit als Antidepressivum. Das Johanniskraut ist jedoch definitiv kein MAO-Hemmer.

Rechtslage
Zubereitungen aus der Pflanze sind apothekenpflichtig. Im übrigen gilt für pharmazeutische Präparate die Arzneimittelverordnung.

Literatur:
Friedrich, Ina; Thien, Klaus (1998), Johanniskraut, Genf: Eurobooks
Pfendtner, Ingrid (1998), Mehr Lebensfreude mit Johanniskraut, Berlin: Urania
Roth, Lutz; Daunderer, Max; Kormann, Kurt (1994), Giftpflanzen – Pflanzengifte. Sonderausg., Hamburg: Nikol Verlagsgesellschaft
Schimpfky, Richard (1893), Unsere Heilpflanzen in Bild und Wort, Gera-Untermhaus: Köhler
Szabó, Maria (1998), Johanniskraut – Zauberkraut und Heilpflanze, München: Goldmannken, an Straßenrändern.

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