Donnerstag, 30. Juni 2011

Cannabis Social Clubs in Belgien

Ein Vorbild für uns

Wir Belgier tun uns gerade schwer damit, eine Regierung zu bilden, aber das liegt nicht daran, dass wir eine Phantasie hätten.
Während “Schadensbegrenzung” das einzige ist, was niederländische Hanffreunde in den kommenden vier Jahren von ihrer Regierung, die angekündigt hat, den Zugang zu Coffeeshops zu begrenzen, erhoffen dürfen, spielt sich in Belgien ein interessanter neuer Versuch der Regulierung des Cannabismarktes ab.

In Antwerpen, dass nur rund 50 Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt liegt, wächst der erste belgische Cannabis Social Club “Trekt Uw Plant” (etwa “Das Recht anzubauen” a.d.R.) langsam aber stetig. Seit Februar 2010 baut der Verein Cannabis für den persönlichen Bedarf seiner Mitglieder an. Je eine Pflanze pro Person. Dies ist möglich, weil es den Vorgaben einer ministeriellen Richtlinie aus dem Jahr 2005 entspricht. Damals hatten der belgische Justizminister und die fünf leitenden Staatsanwälte beschlossen, den Besitz von bis zu drei Gramm Cannabis und / oder einer weiblichen Hanfpflanze durch Erwachsene nicht mehr zu bestrafen. Nach unserem Recht darf dieser “Drogenvorrat” deshalb nicht mehr beschlagnahmt werden, wenn der Besitzer dem nicht zustimmt. Die ministerielle Richtlinie, die den Anbau und Besitz für den persönlichen Bedarf faktisch legalisierte, entstand nach einer achtjährigen intensiven Diskussion, die im Parlament ebenso geführt wurde, wie in der Gesellschaft. Ein Jahr nach ihrer Verkündung wurde “Trekt Uw Plant” mit dem Ziel gegründet, der Öffentlichkeit einen transparenten und überzeugenden Weg aufzuzeigen, dass man die Richtlinie dazu nutzen kann, den Anbau von Cannabis durch Erwachsene zu regulieren. Wir organisierten öffentliche Veranstaltungen, in denen wir unser Konzept des kollektiven Anbaus für die Deckung des persönlichen Bedarfs der wenigen Mitglieder vorstellten. Dabei wurden wir zweimal verhaftet und angeklagt. Zunächst wegen “illegalen Cannabisbesitzes” und dann wegen vermeintlicher “Anstiftung zum Drogengebrauch”. In beiden Fällen wurden wir von der ersten Instanz verurteilt, nur um dann am 26. Juli 2008 und am 25. Februar 2010 vom Berufungsgericht freigesprochen zu werden. Beim zweiten Freispruch gab uns der Richter den Hinweis, dass wir nicht überrascht sein sollen, dass unsere Handlungen, wenn sie in der Öffentlichkeit stattfinden, das Interesse der Autoritäten auf sich ziehen. “Was sie tun, ist am Rande der Legalität, aber es kann nicht bestraft werden”, gab er uns mit auf den Weg.

Seit damals organisiert “Trekt Uw Plant” den Anbau des persönlichen Bedarfs seiner Mitglieder in einem geschlossenen Kreislauf. Wir haben drei Grower, die zusammen nie mehr (oder weniger) als 32 Pflanzen anbauen. In den vergangenen zwölf Monaten haben wir so mehr als 100 Hanfpflanzen an unsere Mitglieder verteilt. Im Moment gibt es 95 solcher Mitglieder, von denen der Jüngste 19 und der Älteste 72 Jahre alt ist.
Wenn jemand Neumitglied werden möchte, führen wir zunächst ein Einführungsgespräch durch, bei dem das Prinzip und die Regeln des Vereins vorgestellt werden und wir ein paar Fragen über persönliche Konsummuster stellen.

Die “Trekt Uw Plant”-Anbauer haben die Anweisung, jene Sorten zu produzieren, die die Bedürfnisse der Mitglieder am besten befriedigen, von denen einige Cannabis als Medizin nutzen und deshalb besondere Ansprüche haben. Wir nutzen ausschließlich ökologisch-biologische Anbaumethoden, um das Risiko einer Verunreinigung des Marihuanas, die leider auch auf dem belgischen Schwarzmarkt inzwischen üblich ist, zu minimieren. Die Richtlinie fordert darüber hinaus von uns, dass der Verein Minderjährige nicht zulässt.
Unser wichtigstes Ziel ist es, die Versorgung der Mitglieder in vollem Umfang sicherzustellen, da nur so verhindert werden kann, dass sie sich zusätzlich auf dem illegalen Markt versorgen müssen. Nebenbei müssen unsere Mitglieder so nicht mehr in die Niederlande reisen, um Cannabis in Coffeeshops zu kaufen. Unser Konzept verringert dadurch unter anderem auch die Belastung der Umwelt und verhindert Spannungen mit der nichtkonsumierenden Bevölkerungsmehrheit unserer niederländischen Nachbarn.

“Trekt Uw Plant” ist stolz darauf, den Belgiern einen Weg zu einer legalen Regulierung des Cannabismarktes und seiner vielen positiven Effekte aufgezeigt zu haben. Dennoch operieren wir bis heute in einer Grauzone. Eine echte gesetzliche Neuregelung steht aus. So müssen sich unsere Anbauer wie illegale Grower verhalten und wir stets mit unangenehmen Überraschungen durch die Polizei rechnen. Die folgenden Prozesse mögen wir zwar wieder gewinnen, aber das ist jedes Mal eine nervenaufreibende, schmutzige Erfahrung.
Wir würden unser Marihuana gern von neutralen Stellen testen lassen, aber das bleibt unmöglich, solange es den staatlichen Gesundheitsbehörden verboten ist, Drogen mit dem Ziel der Qualitätsbestimmung für Privatpersonen zu kontrollieren.

Um dieses und andere Probleme in Zukunft bereits im Vorfeld zu vermeiden und unsere Cannabisproduktion dem öffentlichen Interesse zugänglich zu machen, bemüht sich “Trekt Uw Plant” um die Zusammenarbeit mit (lokalen) Autoritäten. Zu dieser Zusammenarbeit haben wir uns entschlossen, weil es keine Anzeichen dafür gibt, dass in den kommenden Jahren eine befriedigende Neuformulierung der belgischen Drogengesetze geplant ist. Für eine Allianz mit den betroffenen Behörden vor Ort schien es uns da der geeignete Zeitpunkt.
Im Moment kämpfen wir darum, eine Plantage des Vereins auf städtischem Grund zu betrieben, weil dies mit Sicherheit einen Meilenstein auf dem Weg zu einem legalen Hanfmarkt in Belgien wäre.

Professor Tom De Corte vom Institut für Sozial- und Drogenforschung der Universität von Ghent sieht im Konzept der Cannabis Social Clubs einen sinnvollen Schritt in Richtung Regulierung: “Die wichtigste politische Strategie, um eine Regulierung für den Anbau und den Vertrieb [von Cannabis] zu etablieren, ist es, den kriminellen Strukturen den Markt zu entziehen, die Qualität der Produkte zu steigern und so zu versuchen, Einfluss auf die gesellschaftlichen Auswirkungen des Konsums zu nehmen. Der illegale Status des Produkts und seiner Produzenten und die Abwesenheit von realen Chancen eines internationalen Ausstiegs aus der Prohibition sind der ökonomische Motor hinter Cannabis. Sie machen es lukrativer (und deshalb krimineller) und geben dem Problem extrem große Dimensionen. Gleichzeitig bilden sie die wichtigen Hemmnisse für jede Politik, die die öffentliche Gesundheit fördern will.”

Alle Leser des Hanf Journals sind herzlich dazu eingeladen während des Sommerurlaubs in Belgien den Sitz von “Trekt Uw Plant” zu besuchen, der nur fünf Minuten vom Hauptbahnhof Antwerpens entfernt liegt.

www.trektuwplant.be

Abonnieren
Benachrichtige mich bei

Schnelles Login:

0 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare zeigen