Dienstag, 4. Oktober 2011

Eishasch mal anders

Einfach ohne Beutel, Bag oder Sack

Nachdem Bounty und Mr. G. mich in ihre Guerilla-Grow-Taktiken eingeweiht hatten (lest dazu den Bericht im Hanf Journal 12/2010 „Harzan und Jane im Großstadtdschungel“), wollten sie mich noch im Nebenraum mit ihrer Methode, Eishasch zu machen, überraschen. Beim Betreten des Raums sehe ich aber dann zu meiner eigenen Überraschung einen guten, alten Bekannten, den

XTR 1000

von den „Growbots“ aus Mendocino County/Kalifornien. Ich hatte in Holland schon einmal einen Bericht über dieses erstaunliche Gerät für die Kollegen von exzessiv – das magazin gedreht, der es allerdings nie durch die deutsche YouTube-Zensur geschafft hat.
Umso erstaunter war ich, ein baugleiches Gerät bei den beiden Outdoor-Farmern zu sehen, gleichzeitig aber auch froh darüber, den Leser/innen einmal mehr über diese vom Prinzip her uralte Methode, Harze und Öle von Pflanzenteilen zu trennen, berichten zu können.

Die Theorie

In Europa haben sich, anders als in Kalifornien, zur Eishasch-Herstellung fast ausschließlich die so genannten „Bubble Bags“ oder „Ice-o-Later“ und deren Kopien durchgesetzt.
Bei der sieblosen oder auch Sink-Schwimm-Methode, die in China in vereinfachter Form bei anderen harzhaltigen Pflanzen schon seit 5000 Jahren bekannt ist, nutzt der Hanffarmer mit Ausnahme eines einzigen fest installierten, groben Vorsiebs für große Pflanzenteile, nur die spezifische Dichte von THC, das schwerer ist als Wasser. Pflanzenteile hingegen sind leichter als Wasser. Um THC-Kristalle von den Pflanzenmaterialen zu trennen, muss das verwendete Material flexibel und so kalt wie möglich sein, ansonsten würde es beim Rühren in kleinere Teile zerbrechen, die dadurch mehr Wasser aufsaugen und somit absinken könnten, bevor die Trichome von ihnen abbrechen. Die Flexibilität erreicht man durch ein 60 minütiges Einweichen des Pflanzenmaterials in Eiswasser. Danach wird das Gemisch, je nach Potenz des Blattmaterials, ein bis zwei Stunden gerührt, wodurch die halb-gefrorenenTHC-Trichome von den Blättern brechen und auch im Wasser schwimmen. Bis hierhin gleichen sich die Siebbeutel und die Sink-Schwimm-Methode. Bei der Siebbeutel-Methode wird das Gemisch jetzt einfach durch drei bis sieben Beutel mit einer Maschengröße zwischen 40µ und 160µ gesiebt. In den Beuteln bleiben dann nur die kleinsten Teile, also die Trichome und kleinste Pflanzenteile hängen, die dann abgekratzt, getrocknet und zu Hasch gepresst werden.
Einige Grower behaupten an diesem Punkt, durch die Beutel würde der Trennungsprozess teilweise wieder rückgängig gemacht: Aus diesen Kreisen ist zu hören, dass beim Hochziehen des Wasser/Hasch/Pflanzenteile-Gemischs (oder alternativ beim Durchgießen) in den Sieben kleinst-gehächselte Pflanzenteile und / oder Chlorophyll hängen bleiben.

Gefrorene Trichome auf den Pflanzenresten

Entweder, weil sie vom Mixer x-mal durchgeschreddert wurden, oder weil Teile der Erntereste vorher schon zu Staub zerrieben / getrocknet waren. Das Hochziehen der Siebe im Eimer oder auch Durchgießen des Harz-Wasser-Gemischs durch diese machen also den auf der unterschiedlichen Dichte beruhenden, physikalischen Trennungsprozess der traditionellen Eishasch-Methode wieder rückgängig, der vorher extra eingeleitet wurde. So werden die Harze vom Boden wieder mit dem pflanzenhaltigen Restwasser vermischt.
Bei der sieblosen Methode sinken die Harzteilchen aufgrund ihrer spezifischen Dichte zu Boden – nach einer Stunde hat sich schon ein Haufen Kristalle am Gefäßboden gesammelt. Jetzt muss das Harz nur noch säuberlich vom Wasser getrennt werden, ohne dabei aufgewirbelt zu werden. Ohne eine spezielle Vorrichtung ist es aber sehr zeitaufwendig, das Wasser vom Hasch zu trennen, hierzu hat dann ein deutscher Auswanderer in Kalifornien (siehe Hanf Journal 04/2010) bereits 1997 den XTR 400 erfunden:
Der XTR fängt die mit einem handelsüblichen Küchenmixer im oberen Eimer abgetrennten Kristalle in einem durchsichtigen Trichter, der unter dem Eimerboden hängt. Sie sammeln sich dann in einem Schlauch am Trichterende, so dass man das harzreiche Wasser vom „Sammelschlauch“ einfach in ein Glas ablassen kann. Die groben Pflanzenreste werden hierbei lediglich von einem groben Vorsieb im Eimer zurückgehalten.
Das Wasser-Kristall-Gemisch wird jetzt nur noch durch einen handelsüblichen Kaffeefilter (5µ) gesiebt und das so gewonnene Powder zum Trocknen ausgelegt.

Es geht auch ganz „ohne“

Diese Methode funktioniert sogar ohne irgend ein Gerät prima: Man braucht lediglich ein grobes Sieb zum Zurückhalten des Grüns sowie zwei Eimer, einen mit und einen ohne Boden sowie ein wenig mehr Geduld. Anstatt das Wasser nach dem Abtrennen und Absinken der Trichome abzulassen oder auszugießen, schöpft man die obere Schicht mit den Pflanzenresten sehr vorsichtig aus dem Rühreimer, lässt es dann wieder eine Weile ruhen und wiederholt den Vorgang. Wichtig hierbei ist, beim Abschöpfen möglichst wenig Verwirbelungen enstehen zu lassen. Wenn man nach ein paar Stunden nur noch ein paar Zentimeter Wasser und keine Pflanzenreste mehr im Eimer hat, kann man das Gemisch durch einen Kaffeefilter gießen und hat bestes Ice-Hasch. Mit einem groben Sieb, zwei Eimern und einem Kaffeefilter, alles zusammen für ein paar Euro. Der Hersteller des XTR bietet auch ein solch einfaches Einsteiger-Set mit einer Tutorial-DVD auf www.icecold.org an.

Mein erster, oben erwähnter Bericht über diese sieblose Methode in Form eines Battle-Durchgangs „XTR vs Ice-o-Later“ hatte deren Überlegenheit sogar bestätigt. Damals war die Ausbeute von sehr potenten Ernteresten weit höher als bei einem parallel angelegten „Ice-o-Later“-Durchgang. Ob es an der Potenz der Erntereste oder etwas anderem lag, ist jetzt leider nicht mehr nachzuvollziehen. Unsere beiden Outdoor-Spezialisten sind mit der Qualität ihres Eishaschs nach der „kalifornischen Methode“ auch sehr zufrieden und bestätigen im Nachhinein auch, dass der Pflanzenanteil im Hasch deutlich geringer ausfallen ist als in den vergangen Jahren, in denen sie Siebbeutel genutzt hatten. Allerdings war die Gesamtausbeute nicht besser oder schlechter und die Qualität war nach ihren Angaben bei beiden Methoden außergewöhnlich, aber gleich hoch.

Outdoor-Eishasch mit Mr. G. und Bounty

Das Gerät steht bereits aufgebaut in einer alten Zinkwanne im Nebenzimmer und wartet mit seit einer Stunde eingeweichten Schnittresten befüllt darauf, in Gang gesetzt zu werden. Im Auffangtrichter des XTR kann man schon beim Einweichen beobachten, wie sich einzelne Kristalle lösen und in Richtung Ablassschlauch gleiten.
Bounty erzählt mir, dass sie jetzt schon seit fünf Tagen am Mixen, Ablassen und Eisschleppen sind und das Gerät für ihre Dimensionen ein wenig untedimensioniert sei. „Bei Outdoor hat mir auch der größe Ice-o-Later Sack nicht ausgereicht, deshalb habe ich mir einen entsprechend großen nähen lassen. Beim örtlichen Schneider, aus Siebdrucksieben und Stoff von der Rolle. Hat mich 50 Euro für drei Säcke gekostet. Für unsere Outdoor Reste bräuchten wir eigentlich einen Eimer mit 100 Litern Fassungsvermögen“. Der XTR-Eimer fasst jedoch nur 20 Liter und schafft so pro Durchgang in zwei bis drei Stunden knapp 200 Gramm Erntereste, was bei den beiden Experten zu Folge hatte, dass aufgrund der immensen Menge an „Knippresten“ insgesamt über eine Woche arbeiten mussten. Schon während der Mixer läuft, sieht man mehr und mehr Kristalle in den Auffangschlauch rieseln, anfangs noch langsam. Nachdem eine knappe Stunde gerührt wurde, schaltet Bounty den umfunktionierten Küchenhelfer aus, damit sich das Wasser-Hasch Gemisch setzen kann. Jetzt fallen immer mehr Kristalle abwärts und Mr. G. muss den prall gefüllten Schlauch bereits nach 10 Minuten zum ersten Mal ablassen.

Leise rieselt das Hasch

Dazu stellt er eine Flasche unter ihn und lässt das Gemisch durch eine Art Dreh-Hahn vorsichtig hineinlaufen. Jetzt muss er den Inhalt der Flasche nur noch durch einen handelsüblichen Kaffefilter gießen. Im Kaffefilter befindet sich nun reinstes, leckerstes Powder, das noch zwei bis Tage trocknen muss, bevor es per Hand gepresst werden kann. Bounty entscheidet sich, den XTR noch eine Weile laufen zu lassen, weil auch nach 20 Minuten immer noch reichlich Kristalle fallen. Gesagt, getan, und so lässt er den Mixer mit allen Pflanzenteilen noch einmal eine halbe Stunde laufen. Dann wartet er ein eine ganze Stunde, um auch wirlich alle verbleibenden Kristalle auf den Grund der Ice-Haschmaschine absinken zu lassen, bevor er erneut den Hahn aufdreht. Jetzt ist der Schlauch noch einmal prall gefüllt und während unser Freund die nächste Flasche Haschwasser abfüllt, merkt er, dass beim Klopfen gegen den Trichter immer noch ein paar Trichome nach unten fallen. Aber Wasser und das herunterfallende Powder werden immer grüner und Bounty meint, es sei deshalb Zeit, den nächsten Durchgang anzugehen und weicht neue Erntereste ein, nachdem er den Eimer gesäubert hat.
Bei der Sink-Schwimm-Methode kann man die Qualität des Haschs nämlich durch die Laufzeit des Mixers bestimmen: Nach kurzem Rühren fallen nur die schweren, reinen Trichome ohne jedwede Anhaftung nach unten – die Creme de la Creme sozusagen. Das Schöne daran: Man kann alles sehen und bemerkt so, dass die Trichome, die nach unten schweben, mit zunehmender Zeit immer grünlicher werden. Mit ein wenig Übung lässt sich der Zeitpunkt genau bestimmen, an dem es genug ist. Das ist natürlich individuell verschieden, Bounty und Mr. G. haben bei ihrem Outdoor-Eishasch aus jedem Durchgang zwei Qualitäten hergestellt:
Die erste, die nach 45 Minuten Rühren abgelassen wurde. Hierbei entstand feinstes „Bubble-Hasch“, das seinen Namen übrigens nicht von irgendwelchen Beuteln hat, sondern von der Eigenschaft, schon bei sanftem Erhitzen ob des hohen THC-Gehalts zu blubbern.
Die zweite, die nach ungefähr 90 Minuten Rühren abgelassen wurde, erinnert stark an Schwarzen Afghanen, sowohl vom Geschmack als auch vom Törn. So noch nie geraucht, hat sich besonders die zweite „sieblose Siebung“ bei meinem Besuch als Leckerchen hervorgetan. Bestimmt, weil es mein erstes Outdoor-Eishasch aus heimischen Regionen war. Der erste „Ablass“ war auch exquisit lecker, aber ob des hohen THC-Gehalts mit Vorsicht zu genießen.

Das Ergebnis

Man könnte theoretisch auch noch eine Stunde weiterrühren und eine dritte, immer noch gut rauchbare Qualität erhalten, das haben sich meine Gastgeber aus Zeitgründen jedoch geschenkt. Aus eigener Erfahrung weiß ich aber, dass selbst die dritte Qualität mit dem berüchtigten „Skuff“ aus dem Coffeeshop locker mithalten kann.

Noch ungepresst: Die 1.Siebung

Nachdem unsere beiden Guerilla-Grower die gesamte Erntereste durch den XTR gejagt haben, muss der große Klumpen feuchtes Haschisch-Powder noch ein paar Tage trocknen. Als sie dann gemerkt haben, wie stark die erste Qualität ist, entscheiden sie sich, beide Sorten zu mischen: Zum Glück durfte ich am Tag meines Besuches noch beide Varianten separat verkosten. Bei unserem letzten Treffen ist dann alles in trockenen Tüchern:
Das Ergebnis ist ein schöner, homogener, dunkler Klumpen allerfeinstes Piece, das direkt aus den Afghanischen Bergen stammen könnte. Die Ausbeute lag bei ungefähr fünf Prozent des Ausgangsmaterials. Das ist zwar weniger, als ich bei meinem ersten Report mit eigenen Augen gesehen habe, aber immer noch eine zufriedenstellende Ausbeute.
Man muss auch bedenken, dass es sich um Outdoor-Schnittreste handelte, die ohnehin weniger potent waren als die meist zur Eishasch-Herstellung verwendeten Indoor-Erntereste. Als ich die beiden zum Schluss frage, ob sie ihr Haschisch im kommenden Jahr wieder so machen würden, sagt Bounty:

„Das Prinzip hat mich definitiv überzeugt. Leider haben wir sehr lange gebraucht, da es das Gerät für unsere Verhältnisse viel zu klein war. Auch sollten einige Details beim XTR dringend überholt werden: Der Ablasshahn, die Dichtungen und die Halterung sind überarbeitungsbedürftig. Wenn wir bis kommendes Jahr irgendwie eine größere Ausführung an den Start bekommen, machen wir es so. Ansonsten werde ich meine Ice-o-Later Beutel wieder auspacken, denn da bin ich in einem Tag fertig.“

Doch das ist alles Zukunftsmusik, denn leider gibt es aufgrund ungeklärter, patentrechtlicher Fragen, auf dem europäischen Markt kein vergleichbares Gerät zu kaufen. Bevor sich das nicht ändert, werden Europas Grower weiterhin ver-sacken oder improvisieren.

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