Mittwoch, 30. Mai 2012

US-Bubblebags sollen vernichtet werden

Wer hat’s erfunden?


… bringt „Baba Bob“ auf einmal Siebe ins Spiel. ***

Worum es geht:

Henk hat uns auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs in Vancouver / Kanada hingewiesen, dass in seinen Augen weitreichende Folgen für Eishasch-Fans haben könnte und zudem ein Licht darauf wirft, wie die Macht des Geldes auch in der Hanf-„Subkultur“ immer weiter Fuß fasst:
Im Jahr 1997 stellte R. Delp in Kalifornien als erster Hersteller weltweit ein Gerät, den XTR 400, zur Extraktion von Ölen und Harzen aus Pflanzenmaterial vor. Zuerst in Kalifornien, dann auf der Highlife-Messe in Amsterdam. Für das Gerät und die Methode liegt ein Patent in den USA und seit 2006 auch in Europa vor. Zum Trennen des Wassers und der Pflanzenmaterialien von Harzen/Ölen wird das physikalische Gesetz der unterschiedlichen Dichten von Ölen und Wasser genutzt: Nach der Trennung der THC-Kristalle vom Pflanzenmaterial sinkt das Haschisch einfach zu Boden und muss nur noch unter Zuhilfenahme eines handelsüblichen Kaffeefilters herausgefiltert werden.
Ein Jahr später wurde in Kalifornien und Europa eine andere Methode zur Eishaschgewinnung vorgestellt: Die Extraktion mit so genannten Siebbeuteln, die unter verschiedenen Markennamen vertrieben wurden und heute noch werden. Sie beruht auf demselben Prinzip: Zum Lösen der Trichome von den Blättern wird der Eiswasser-Pflanzenmix gerührt, zum Trennen des Wassers von den Harzteilen werden jedoch Siebe anstatt die unterschiedliche Dichte von Harz und Wasser benutzt.

Der Erfinder des XTR, Reinhard Delp, ein in Berlin geborener Kalifornier, hatte also sein Gerät bereits 1997 vorgestellt, fast zwei Jahre bevor es die Siebbeutel überhaupt gab. Er beschuldigte in der Folgezeit die Hersteller von Siebbeuteln, sein Patent durch die eigentlich überflüssige Zuhilfenahme der Siebe umgangen und das Potential seiner Erfindung missbraucht zu haben. Was folgte, war ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen Delp und den Anbietern verschiedener Siebbeutel. Europäische Grower nutzen seit fast 15 Jahren fast ausschließlich solche Siebbeutel, weil diese Methode der Eishaschgewinnung in Zeitschriften, Shops und Fachbüchern propagiert wird, der sieblosen Methode wird hierzulande aber kaum noch Aufmerksamkeit geschenkt.


Der XTR in Aktion

Braucht eigentlich niemand: Siebbeutel

Henk war vor zwei Jahren zufällig in den Besitz eines XTR 1000 gekommen, mit dem er bestes Eishasch ganz ohne Siebe hergestellt hatte. Das Ergebnis war auch bei wiederholter Anwendung in jeder Hinsicht besser als das, was er zuvor oder auch gleichzeitig aus den Siebbeuteln rausgeholt hatte.
Die Eishasch-Gemeinde hat davon wenig mitbekommen und kauft seit nunmehr fast 15 Jahren fleißig Nylonsäcke, um die begehrten Kristalle von den Blättern zu lösen und zu sammeln. Die sieblose Methode wurde seit dem Rechtsstreit sehr selten in Magazinen oder Büchern beschrieben, hatte sich Delp doch durch den Hasch-Zwist mit einigen medialen Größen der transatlantischen Legalisierungsszene wie SamSkunkman oder dem Bubbleman angelegt. So wurde die älteste Methode zur Eishaschherstellung innerhalb der Grower-Szene kaum über die Grenzen Kaliforniens hinaus bekannt. Allerdings wird sie in R.C. Clarkes Buch „Haschisch“ als seit mindestens 1981 in Kalifornien bekannte, wenn auch nicht weit verbreitete Methode der manuellen Hasch-Herstellung beschrieben. In den 1980er Jahren konnte man übrigens bei SaduSam alias SamSkunkman in Kalifornien für 10 Dollar ein einfaches, siebloses Set zur Eishaschherstellung kaufen. Demnach hat Delp die Methode zwar nicht erfunden, jedoch als erster ein Gerät zu deren Umsetzung entwickelt und, wie es üblich ist, ein so genanntes Verfahrenspatent angemeldet, was nicht nur sein Gerät, sondern auch den Vorgang der „Herstellung und Verfahrensweise zur Extraktion von Pflanzenharzen“ schützt. Kurz gesagt: Herr Delp war schlau und hat eine Idee, die über 15 Jahren „schutzlos“ in der Szene umher geistere, aufgegriffen, Geld in sie investiert, weiterentwickelt und das Ergebnis patentieren lassen, damit keiner seine Maschine nachbaut. An sich ist das nichts Ungewöhnliches. Allerdings hat das leider dazu geführt, dass einige, die das Patent umgehen wollten sich als eigentliche „Erfinder“ oder sich betrogen fühlten, den Kunden einfach die Notwendig von Siebbeuteln vorgegaukelt haben. Der ursprüngliche Entdecker der Wasserhasch-Methode soll übrigens ein bis heute unbekannter Amerikaner sein, der Cannabis Legende Nevill Shoemaker Anfang der 1980er Jahre sein Geheimnis offenbarte.


Verschiedene Qualitäten …

Das Urteil: Vernichtung aller Bubblebags

Anfang Mai 2012 platzte dann in Vancouver ein kleines Bömbchen, als das kanadische „Supreme Court“ urteilte, die Siebbeutel-Methode sei tatsächlich eine Verletzung der Patentrechte Delps und dass sich der Berliner Auswanderer zu Recht geprellt gefühlt habe.
Die Hersteller und Vertreiber der Siebbeutel müssen insgesamt 470.000 Kanadische Dollar Schadensersatz an den Erfinder des XTR bezahlen. Zudem müssen in den USA und Kanada alle Bubblebags, Xtractors, Icemasters und Payload-Kits vernichtet werden. Die Doofen sind dann am Ende, wie so oft, die Grower, die seit über 15 Jahren auf neutrale Infos und echt gute Eishasch-Hardware verzichten müssen, während die Gewinne an Anwälte gehen, anstatt sie im Sinne der Kunden in die Weiterentwicklung und Verbesserung der Produkte zu investieren.
So war und ist es aus patentrechtlichen Gründen nicht möglich, so einen XTR oder ein ähnliches Gerät in der EU zu kaufen, die Siebbeutel hingegen werden weiterhin hier zu haben sein, während sie in Nordamerika bald nicht mehr vertrieben werden dürfen. Ein einfaches Set, so wie es vor 20 Jahren in Kalifornien zu haben war, gibt es zur Zeit in Europa auch nicht, die Siebbeutel-Hersteller haben eine solch günstige Variante natürlich auch nicht im Programm. Einzig und allein Patentinhaber Delp bietet neben seinem XTR ein Low-Budget Set für den Hausgebrauch an, das jedoch direkt aus Kalifornien bestellt werden muss, was die ganze Sache unnötig verteuert und verkompliziert. So haben weder die US-Amerikanischen noch die Europäischen Grower die Möglichkeit, sich ihr eigenes Urteil ohne großen Aufwand zu bilden, indem sie, so wie Henk vor zwei Jahren, einfach mal beide Methoden ausprobieren. Wie der XTR funktioniert, wie man ihn verbessern könnte und wie die sieblose Eishaschherstellung auch mit einfachsten Hilfsmittel wie einem Eimer, einem Küchenmixer und ein wenig Geduld möglich ist, beschreibt Henk in „Harze versenken mit Henk Paschulke“ (Ausgabe 03/10) und „Eishasch mal anders“ (Ausgabe 10/11).


Ganz ohne Siebe. (Ach doch, Kaffeefilter…)

**Foto: Extraktion mit Wasser R.C. Clarke: „Haschisch – Geschichte, Kultur, Inhaltsstoffe, Genuss, Heilkunde, Herstellung“ – AT Verlag, 2000, Aarau, Schweiz.
(Original: „Hashish!“, Red Eye Press, 1998, Los Angeles, USA), Seite 184
***Illustration: Baba Bobs Aqua-X-Tractor S. 296. Mit freundlicher Genehmigung vom AT Verlag

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