Donnerstag, 3. Januar 2013

Im Regulierungswahn?

Scheitern der Verhandlungen über das Internet hinter verschlossenen Türen

Die Welt verändert sich, das ist nichts Neues. Durch die Verbreitung des Internets sind, hat sich eine völlig neue Form der Kommunikation durchgesetzt, die früher undenkbar war. Informationen und Daten können innerhalb weniger Sekunden weltweit und von Millionen Menschen gleichzeitig empfangen werden. Damit entstehen auch neue Fragen und Probleme, die einige Staaten eindeutig geklärt haben wollen.

Zu diesem Anlass fand vom 3. bis 14 Dezember 2012 die Weltkonferenz für Internationale Telekommunikation (WCIT) in Dubai statt. Veranstalterin der Konferenz ist die Internationale Fernmeldeunion (ITU), bei der es sich um eine Sonderorganisation der UN handelt. Wichtigstes Ziel der Konferenz war es eine Neufassung der Internationalen Telekommunikationsregulierungen (ITR) aus dem Jahr 1988, zu erarbeiten. Diese legen fest, wie internationale Telefongespräche durch die verschiedenen Netze geleitet und die Kosten abgerechnet werden. Damals spielte das Internet noch keine Rolle und ist deswegen auch in den Regulierungen nicht aufgenommen. Dies sollte sich ändern. Im Zentrum stand die Frage, ob die UN bei der Regulierung des Internets miteinbezogen werden solle. An 12 Tagen verhandelten Telekommunikationsministerien aus mindestens 140 Staaten über die weltweite Nutzung des Internets. Mehrere Staaten wollten das Internet in das Rahmenwerk mitaufnehmen. «Die Mitgliedsstaaten sollen gleiche Rechte haben, das Internet zu managen», hieß es in einem von Russland erarbeiten Entwurf.
Grund für die geforderten Änderungen war unter anderem die Vorherrschaft der USA im Internet. So obliegt die Vergabe von Internetadressen zum Beispiel der US Non-Profit-Organisation ICANN und unterliegt damit US-amerikanischen Recht. Dieser Umstand war Ländern wie Russland, China und einigen arabischen sowie afrikanischen Staaten schon lange ein Dorn im Auge und sie forderten eine ‚Internationalisierung‘ des Netzes.

Deutschland will keine Regulierung
Deutschland wurde durch einen Abteilungsleiter des Bundeswirtschaftsministeriums angeführt. Vertreten waren auch das Innenministerium und das Auswärtige Amt sowie die Deutsche Telekom und der Verband der Deutschen Internetwirtschaft. Deutschland hatte sich im Vorfeld wie auch die EU und andere westliche Staaten gegen eine Regulierung des Internets ausgesprochen. Das Internet solle ein freier und offener Raum bleiben, lautete die Forderung des Europaparlaments. Eine Neufassung der ITR wurde nicht als unbedingt erforderlich erachtet. Auch wurde kritisiert, dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen statt fanden sollten und somit die Öffentlichkeit, sprich die Internetnutzer nicht miteinbezogen wurden.

Noch bevor die Konferenz offiziell beendet wurde, galt sie als gescheitert.

Grund dafür war die Verweigerung westlicher Länder wie den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und der meisten EU-Staaten, aber auch Indien und den Philippinen das Abkommen zu unterzeichnen. Laut tagesschau.de hat auch Deutschland eine Unterzeichnung abgelehnt.Zwischenzeitlich sah es noch so aus, als ob die Länder sich einigen würden, denn der erste Entwurf der neuen Regelung war noch einmal deutlich entschärft worden. So wurde zum Beispiel die Forderung der Vereinigung europäischer Netzbetreiber (ETNO), Firmen wie Google oder Skype zukünftig Gebühren für die Nutzung des Datennetzes zahlen zu lassen, ganz gestrichen. Auch wurde die Regulierung des Internets aus der ITR herausgenommen. Allerdings wurde eine Zusatzresolution beschlossen, die den Regierungen eine „aktivere“ Rolle im Internet einräumt, schrieb die Berliner Zeitung.

Mittel zur Repression?
Deswegen sind die Verhandlungen letztendlich gescheitert. Die westlichen Länder kritisieren, dass die vermeintliche Internationalisierung des Internets in der geforderten Form repressiven Regierungen die Möglichkeit geben würde, das Internet zu kontrollieren. Die USA, sowie die meisten EU-Staaten lehnen jegliche Einmischung der UN bei der Regulierung des Internets ab, auch wenn erwartet wurde, dass der Großteil der Staaten der entworfenen Resolution zustimmt. Diese räumt der ITU mehr Befugnisse im Internet ein. Sie ist jedoch für die Staaten nicht rechtsbindend. Länder wie China, Iran und Algerien hatte sich vorher strikt dagegen gestellt, eine Verpflichtung über die Einhaltung der Menschenrechte in das erneuerte Telekommunikationsabkommen aufzunehmen.

Bürgerrechtsorganisationen werten das Scheitern positiv.
Markus Beckedahl vom Verein Digitale Gesellschaft sagte der Berliner Zeitung: „Der jetzt von einigen Staaten unterzeichnete kleinste gemeinsame Nenner beinhaltet viele ungenaue Regelungen, die zu Lasten von etablierten Menschenrechten ausgelegt werden können. Vor diesem Hintergrund ist das Scheitern besser als die geforderte Nationalisierung des Internets“. Der ITU-Generalsekretär Hamadoun Touré hingegen verteidigte das Abkommen und wies den Vorwurf, den Staaten werde eine Zensur des Internets ermöglicht, zurück. Was nun die genauen Konsequenzen des Scheiterns sind, bleibt abzuwarten. Wie US-Botschafter Kramer dem ZDN.com-Autor David Gewirtz mitteilte, könne es durchaus zu der Entstehung von zwei getrennten Netzen kommen, einem freien und einem kontrollierten, doch hoffe man, dass dies nicht der Fall sei. Auch wenn eine Kontrolle des Internets vorerst nicht durchgesetzt werden konnte, so stellt dies doch keinesfalls das Ende der Debatte dar. Eine Regulierung des Internets durch Regierungen ist sicherlich nicht wünschenswert, doch könnte das ‚Internet-Monopol‘ der USA ebenfalls in Zukunft zu Problemen führen. Daher ist es durchaus wichtig einen internationalen Dialog zu führen, auch wenn es schwer werden sollte, einen gemeinsamen Konsens zu finden. Zu unterschiedlich sind die Interessen und Weltanschauungen der beteiligten Länder.

Um eine Einigungen zu finden braucht es Zeit und die Internetfrage ist nur einer von vielen Fällen, in denen Regierungen mit Beschlüssen hinterherhinken.
Zu schnell verändert sich die Welt.

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