Montag, 6. Mai 2013

Dead Prez im Interview

„Man wird immer noch wegen dem Gebrauch von Marihuana kriminalisiert.“

Die beiden Dead Prez Mitglieder stic.man und M-1 haben mit ihrem Debüt-Album ‘Let’s Get Free’ aus dem Jahr 2000 Standards gesetzt. Seitdem dreht sich das Leben der beiden um Musik. Durch ihre sozialkritischen und stark politischen Texte heben sie sich von vielen ihrer Rapkollegen ab und beweisen, dass Hip Hop nach wie vor ein Sprachrohr der Massen sein kann.

Euer neues Album ist gerade erschienen, was kannst du mir darüber erzählen?
M-1: Unser neues Werk heißt ‘Information Age’. Ich kann dabei nicht mal mehr sagen wie viele Alben Dead Prez schon herausgebracht hat. Für uns ist das Album unsere neuste Ausführung von Hip Hop. Es ist ein Abenteuer und ein Pionier, was den Sound angeht. Wir haben versucht nichts davon wieder aufzugreifen, was Dead Prez zuvor geschaffen hat. Was wir machen wollten war, einen Sound zu schaffen, der innovativ und revolutionär ist, der aber gleichzeitig auch dafür geeignet ist, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die uns bewegen.

Worin genau unterscheidet sich ‘Information Age’ von euren bisherigen Alben?
M-1: Was wir mit ‘Information Age’ machen wollten, war es den Leuten zu ermöglichen, Dead Prez auf eine Weise zu sehen, wie sie uns zuvor noch nie gesehen haben. Wir wollten nicht den Stempel ‘Conscious MCs’ oder ‘politische Rapper’ aufgedrückt bekommen. Wir wollten die Welt an einem gewöhnlichen Ort zeigen, so wie jeder andere sie auch sieht. Egal ob es dabei um die Angst vor dem, was passieren könnte, um Unsicherheit oder die überall existiert oder Zuversicht geht. Wir wollten alle diese Dinge nehmen und sie mit unserer eigenen Erfahrung kombinieren und ein Album machen, das eine Art Richtlinie ist für jene, die ähnliches in der Zukunft machen werden. Alles in allem haben wir mehrere Jahre an dem Album gearbeitet. Wir haben uns mit verschiedenen Produzenten zusammen getan und unseren Sound stetig weiterentwickelt.
‘Let’s Get Free’ auf der anderen Seite war sozusagen die Quintessenz dessen, was Dead Prez ist, ohne dass wir damals wussten, ob wir eine Zukunft in der Musikbranche haben werden. Wir wollten dadurch erkennen, wer die Leute sind, die wir ansprechen und für die unsere Botschaft gedacht war. Es war ein Experiment. Wir haben etwas auf den Markt gebracht und dafür ein bestimmtes Feedback erhalten. Anschließend veränderten wir unser ‘Produkt’, um es effektiver und stärker zu machen. ‘Let’s get Free’ war, wenn man so will, die Vorarbeit für das darauf folgende Album ‘RBG’.

Was hat euch beide zusammen gebracht?
M-1: stic.man und ich haben uns 1990 an der Uni kennen gelernt und von Anfang an die Leidenschaft für Hip Hop geteilt. Außerdem hatten wir ähnliche politische Sichtweisen. So kam eins zum anderen. Wir sind in erster Linie MCs, aber heutzutage ist es auch wichtig, dass man sich mit dem geschäftlichen Teil der Musik auseinander setzt. Wir sind beide Visionäre und habe meistens mehr als ein Projekt am laufen. Neben unseren Dead Prez Alben haben wir einige Kollaborationen herausgebracht zum Beispiel mit dem Outlaws mit denen wir das Album ‘Can’t Sell Dope Forever’ aufgenommen haben. Außerdem arbeiteten wir an Soloalben. Mein Album ‘Confidential’ ist 2006 erschienen und Stic’s ‘Manhood’ im Jahr 2007.

Zwischen den Veröffentlichungen eurer Alben liegt immer relativ viel Zeit. Womit beschäftigt ihr euch in der Zwischenzeit?
M-1: Musik (lacht). Letztendlich ist es immer nur Musik. Wir haben Ende 2007 angefangen an ‘Infromation Age’ zu arbeiten. Damals ist zum Beispiel der Song ‘Politrikkks’ entstanden, in dem es um die Wahl von Obama zum Präsidenten geht. In der Zwischenzeit haben wir zwei Alben bzw. Mixtapes geschrieben. Eins davon war ‘Pulse off the People’. Das andere haben wir zusammen mit DJ Drama gemacht, es hieß ‘Revolutionary but Gangsta Grillz’.
Einige der Ideen aus den Tapes haben wir dann in ‘Information Age’ verarbeitet. Wir haben auch einen Song mit dem Namen ‘The Game Is A Battle Field’ aufgenommen. In dem Stück geht es darum, wie Hip Hop als Munition gegen die Menschen benutzt wird. Darum, wie die Federal Communication Commisstio, wie die US-Regierung Hip Hop im ‘Krieg’ gegen die Bevölkerung einsetzt.

Abgesehen von der Musik seid ihr aber auch dabei, Bücher zu schreiben. Worum wird es darin gehen?
M-1: Ich schreibe im Moment meine Memoiren, die zum einen auf meinem Verständnis von Musik basieren und zum andern auf meinem Leben. Dabei spielen die Orte, an denen ich gewesen bin sowie auch die Leute, die ich liebe eine Rolle. Ich bin damit noch nicht fertig und noch am Schreiben.
Abgesehen davon halte ich Vorträge und Vorlesungen an verschiedenen Universitäten, zum Beispiel über die Beziehung zwischen Hip Hop und der wirklichen Welt oder über die Gefängniskultur. Ich verdiene damit meinen Lebensunterhalt, aber ich versuche, auch gleichzeitig, so oft es geht in Comunity Centern auf der ganzen Welt zu sprechen. So bin ich nach Pakistan oder Venezuela gekommen. Dabei lerne ich auf viel für meine Arbeit und darüber wie wir unsere Botschaft noch besser verbreiten können.
Stic hat an verschiedenen Büchern gearbeitet und auch schon einige Stücke veröffentlicht. Er beschäftigt sich im Moment viel mit dem Thema Gesundheit und damit, wie man verschiedene Krankheiten in der schwarzen Gemeinschaft bekämpfen kann. Bluthochdruck, Krebs und Diabetes gehören zu den größten Problemen der Community. Deshalb hat stic.man den RBG Fitclub ins Leben gerufen.

Sind das auch die Themen, die euch im Moment am meisten in eurer Musik beschäftigen?
M-1: Ja im Prinzip schon. Ich versuche dabei immer meine Gedanken auf eine Lösung dieser Probleme zu konzentrieren. Ich will mehr als einfach nur kritisch sein. In dem Song ‘Days Schools’ vom ‘Let’s Get Free’ Album kritisieren wir das US-amerikanische Schulsystem, weil es auf Indoktrinierung beruht. Es vermittelt nicht die Wahrheit sonder füttert die Kinder mit falschen Informationen. Anstatt immer nur aufzuzeigen, was in unserer Welt falsch läuft, wollten wir Lösungen vorlegen und wirkliche Antworten liefern. In ‘Take Me To The Future’ sprechen wir darüber, wie wir die Zukunft für uns definieren können, bevor es jemand anderes für uns macht, denn das ist es, was normalerweise passiert. In Filmen oder dem Fernsehen wird uns gezeigt, wie unsere Zukunft aussieht und zu sein hat, genauso wird Mode und andere Trends für uns festgelegt.

Vor einigen Monaten wurde Marihuana in Washington und Colorado legalisiert. Denkst du, dass sich dieser Trend unter Achtung strenger Jugendschutzvorschriften fortsetzen sollte?
M-1: Als jemand, der selbst Cannabis nutzt, muss ich sagen, dass ich es trivial finde, dass der Großteil der schwarzen Bevölkerung auf Grund von Marihuana kriminalisiert werden kann. Es gibt in unserer Gesetzgebung eine Menge Dinge auf die wir unsere Aufmerksamkeit eher richten sollten. Wenn wir über öffentliche Grundsätze reden, sollte es zu aller erst um das Verhältnis zwischen der Polizei und den Bürgern gehen, bevor man Menschen die Möglichkeit einräumt sich freier beim Cannabis rauchen zu fühlen. In der Realität sieht es nämlich so aus, dass man immer noch wegen dem Gebrauch von Marihuana kriminalisiert wird. Das gilt für alle Drogen für die Afroamerikaner verhaftet werden. Die Drogen bleiben, aber wir landen im Knast.
Ich bin ein großer Kritiker von Barack Obama. Ich denke, dass er clever und charismatisch ist, aber er setzt sich nicht für die Menschen ein. Ich glaube nicht, dass die Legalisierung von Marihuana dafür gedacht war, den Menschen ein weiteres Recht zu geben. Die USA ist daran interessiert der Bevölkerung ihre Rechte zu nehmen und nicht daran, ihnen welche zu geben. Meiner Meinung nach geht es darum, die Menschen zu spalten. Es geht nicht darum, dass wir nun rauchen können, denn das tun wir schon lange und dafür brauchen wir auch keine Erlaubnis. Abgesehen davon werden auch immer noch Leute wegen Cannabis festgenommen, auch in Denver. Ich war in Colorado, doch dort hat sich nichts verändert. Nur weil sie sagen, dass man ab jetzt rauchen darf, heiß das noch lange nicht, dass man es auch wirklich darf. Wenn du rauchst während du die Straße runter läufst, läufst du besser schnell. Du kannst es nicht an öffentlichen Orten rauchen, weil es immer noch kriminalisiert ist. Das haben mir auch einige Leute von dort erzählt. Letztendlich geht es nur darum, die Leute abzulenken. Wenn sie sich Gedanken über Marihuana machen, denken sie weniger an Israel und Iran und all das, was in ihrem eigenen Land nicht stimmt. Deswegen werde ich nicht hier sitzen und dir erzählen, wie toll es ist, dass Marihuana legalisiert wurde, weil das bei weitem nicht unser größtes Problem ist.

Vielen Dank für das Interview.

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